Kategorie: Politik und Gesellschaft

Worte ohne Balken und Bildung

„Zwei Hälften sind immer gleich groß, aber das wird die größere Hälfte von euch nie kapieren“, weiß der Volkmund. Klar soweit? Wenn nicht eine Hälfte von etwas exakt genauso groß wäre wie die andere, dann fehlte die Grundlage, um überhaupt von einer Hälfte zu sprechen. Der zweite Teil dieser bei Mathematiklehrern außerordentlich beliebten Weisheit verleiht dem Wissen um die Endlichkeit didaktischer Möglichkeiten Ausdruck. Weiterlesen

Gerechtigkeit nach dem Geschmack des Präsidenten

Ein amerikanisches Militärgericht hat heute den ehemaligen Fahrer von Terrorchef Osama bin Laden, Salim Hamdam, wegen Unterstützung des Terrorismus verurteilt. Sechs Jahre lang war Hamdam im US-Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba inhaftiert. Sein Verteidiger hatte im Vorfeld erklärt, es sei unverständlich, einen Fahrer abzuurteilen, der nachweislich nie an Planung oder Durchführung von Terroranschlägen beteiligt gewesen sei. Schließlich sei auch der Fahrer von Adolf Hitler nie wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt worden. Das Strafmaß steht zur Stunde noch nicht fest. Das braucht Salim Hamdam auch nicht zu interessieren. Er kommt ohnehin nicht frei. Das US-Verteidigungsministerium hat klargestellt, dass selbst freigesprochene Inhaftierte nicht unbedingt aus Guantánamo freikämen. Sie seien dennoch eine Gefahr für die Welt. Wenn ein Chauffeur schon der Top-Gefangene in Guantánamo ist, dann stellt sich die Frage, was da sonst noch für gefährliche Zeitgenossen den orangefarbenen Overall tragen: Der Friseur von Osama bin Laden? sein Koch? sein ehemaliges Kindermädchen? der Gärtner der Familie Bin Laden im heimischen Saudi-Arabien? Schlimm, sehr schlimm, wenn die wieder freikämen.

Ein Gericht nach dem Geschmack eines George W. Bush. Eines, das verurteilen aber nicht freisprechen kann. Man gönnt dem jetzigen US-Präsidenten auch solch ein Tribunal, wenn – ja wenn nur – dereinst seine Verbrechen gegen das Völkerrecht verhandelt werden. Man wird doch noch von Gerechtigkeit träumen dürfen. Bis zum Ende der Amtszeit von George W. Bush werden Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit in Amerika ohnehin nur im Traum existieren. Noch 166 Tage zählt das „PresidentBush Countdown“-Plugin in meinem Firefox. Dann haben wir es – vielleicht – geschafft.

Clement III: Das Gespenst der Schröder-Ära

Eigentlich könnte die SPD dem Parteiausschluss des früheren Bundeswirtschaftsministers Wolfgang Clement den Satz anfügen: Reisende soll man nicht aufhalten.  Denn immerhin hat der jetzige RWE-Aufsichtsrat selbst angedroht, die SPD zu verlassen, wenn die weiter nach links rückte. Warum will er nun gegen seinen Rausschmiss prozessieren? Vielleicht, weil die Chancen nicht gut stehen, dass die CDU ihn haben wollte? Schließlich hat Clement im Vorfeld der Hessenwahl von der Stimmabgabe für seine eigene Partei abgeraten, und das sieht man in anderen Parteien auch nicht gern. Warum also will Clement Sozialdemokrat bleiben? Und warum – noch merkwürdiger – will ihn die Parteiführung behalten? Hat der RWE-Konzern mit der Einstellung von Spendenzahlungen gedroht? Weiterlesen

Japanische Visionen

Großer Wurf beim G8-Gipfel in Toyako (Japan): Auch US-Präsident George W. Bush will jetzt das Klima retten. Bis 2050 wollen die G8 die Treibhausgasemissionen halbieren. Noch nicht applaudieren, liebe Umweltschützer! Auf Zwischenschritte hat man sich nicht verpflichtend geeinigt. Von einer „gemeinsamen Vision“ ist die Rede.

Fragen wir die Wikipedia, reicht die Bedeutung des Begriffs Vision von etwas Religiösem (kann ja wohl nicht sein) bis zur Zukunft. Die passendste Definition in der Wikipedia: Die Vision (frz. Traum) bezeichnet eine Vorstellung, Phantasie, Traum oder Idealbild bezüglich eines Zustandes in unbestimmter Zukunft. Da hört sich „Vision“ schon nicht mehr ganz so verbindlich an, oder? Also: Wenn es denn bis 2050 nichts geworden ist, mit den Klimaschutzzielen, wenn New York und Amsterdam abgesoffen, wenn die Lüneburger Heide in der Wikipedia unter „Wüste“ erscheint, dann kann die Vision der acht Staatschefs nur in einem Sinn gemeint gewesen sein: Im Sinne einer Halluzination.

Etwas anderes geht fast unter: Es sieht ganz danach aus, dass die G8 schon bald um einige Mitglieder wachsen wird. Das wird auch Zeit, dass sich der elitäre Zirkel der abgehalfterten Kolonialmächte um ein paar auch im weltwirtschaftlichen Maßstab große Nationen ergänzt, wie China oder Indien.

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