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Wenn Robert Downey Jr. verschwitz und mit enblößtem Oberkörper in den Ring steigt, wenn er ebenso verschwitzte, muskelbepackte Gegner in den Staub schickt, dann sieht er fast aus wie Brad Pitt im „Fight Club“. Mit dem steifen, verbissenen Basil Rathbone, der die Figur des Sherlock Holmes über Jahrzehnte geprägt hat, hat er dann nicht das Geringste gemein. 

Neues Leben für Holmes und Watson

Guy Ritchie hat in seinem Film „Sherlock Holmes“ dem berühmtesten Detektiv der Filmgeschichte ein neues Leben geschenkt. Ein gewalttätiges, zuweilen blutiges Leben. Und er hat Watson neu erfunden: Vergessen ist das einfältige Dickerchen am Zipfel von Rathbones Gehrock. Jude Law spielt den Doktor als erdverbundenes Alter Ego des durchgeknallten Detektivs, der vielleicht weniger scharfsinnig, dafür aber mindestens so schlagfertig ist wie Holmes.

Und das nicht nur mit den Fäusten. Wenn sich die beiden Wohnungsgenossen wie ein altes Ehepaar durch den Film kabbeln, dann erinnern sie stark an Will Smith und Martin Lawrence in „Bad Boys“. Dann wieder, wenn Robert Downey Jr. in manischer Gier nach Wahrheit die schmuddeligen Londoner Armenviertel durchstöbert, erinnert er an Johnny Depp in „From Hell“. Zutaten, die einen finsteren Actionreißer mit viel schwarzem Humor hätten ergeben können.

Für die kurze Story ist Sherlock Holmes zu lang

Hätten, denn dafür ist „Sherlock Holmes“ zu lang. Auch die Story gibt nicht viel her: Sherlock Holmes und Doktor Watson stellen den finsteren Lord Blackwood (Mark Strong), der die Welt unterwerfen will. Dieser wird hingerichtet und bestattet, entspringt aber kurz darauf wie Kai aus der Kiste seiner Gruft. Holmes muss ihn erneut finden. Und zwar schnell, denn Blackwood plant einen Massenmord.

Am Ende hat der scharfe Verstand des Sherlock Holmes Blackwoods satanischen Mummenschanz als faulen Zauber entlarvt, und Professor Moriarty geistert noch kurz durch den Plot. Er spielt keine Rolle in diesem Film, soll aber die Gemeinde schonmal auf den zweiten Teil vorbereiten. Ach ja: Ein Wiedersehen mit Irene Adler (Rachel Adams) wird es dann wohl auch geben. Die Meisterdiebin geht Holmes nicht aus dem Sinn und nicht aus dem Herzen.

Holmes jagt Nazis?

Nachvollziehbar ist das nicht. Muss es auch nicht. Alles an diesem Film vertröstet den Zuschauer auf die Fortsetzung. Dafür mehr als zwei Stunden? Fast jede Wendung im Film ist vorhersehbar. Und dann der Finsterling Lord Blackwood: Im ledernen Gestapo-Mantel sieht er aus wie Josef Goebbels mit der Mimik von Benito Mussolini. Fast glaubt man, dass man beim Rausgehen an der Kinokasse Kriegsanleihen offeriert bekommt, um England gegen die Krauts zu verteidigen. Das wirkt umso unverständlicher als der Film ja in einer Zeit spielt, in der ein Adolf Hitler nicht mehr war als eine ferne Bestimmung im Leben zweier Menschen in Braunau am Inn.

Tipp: Warten auf die TV-Premiere

Mein Tipp: Warten, bis der Film im Fernsehen läuft, denn auf der Couch lässt sich der Film besser genießen als auf dem Kinosessel. Außerdem kann man eine Partie Solitaire auf dem PC spielen, wenn der Streifen zwischendurch zu langatmig wird.