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Buchtipp: Dennis Lehane – Shutter Island

Der Psychothriller als Genre ist eine Nutte. Er lässt sich von jedem Autoren benutzen, um abseitige Phantasien zu bedienen, oder um unrealistische Handlungskonstrukte zu rechtfertigen. Vor allem die Skandinavier retteten in der Vergangenheit den Ruf des Genres. Nur wenigen Amerikanern gelingt der Blick in die Menschliche Seele (altgriechisch: Psyche). Dennis Lehane lotet in seinem Roman „Shutter Island“ seelische Dramen, Traumata, Wahnvorstellungen aus.

Lehane beschreibt und erklärt jedoch die seelischen Abgründe seiner handelnden Personen nicht nur, er lässt den Leser mit hinabsteigen. Das macht Shutter Island zu einem besonderen Lesevergnügen.

Shutter Island ist eine Insel vor Boston. Dort gibt es nichts als eine Nervenheilanstalt, ein Alcatraz für gefährliche Geisteskranke. Dort soll US-Marshal Teddy Daniels gemeinsam mit seinem Kollegen Chuck Aule eine entflohene Bewohnerin suchen. Weiterlesen

Buchtipp: Nick Hornby – Slam

Sam ist 16 und Skater. Um schreckliche Missverständnisse zu vermeiden: Es geht dabei nicht um Eis, sondern um Skateoards. Das Leben meint es dieses Jahr gut mit Sam. Seine Mom schmeißt ihren Fraund raus, seine Lehrerin empfiehlt ihm, Design zu studieren – und er lernt Alicia kennen. Dann scheint alles aus den Fugen zu geraten: Alicia wird schwanger, und Sam, dessen Leben sich bisher nur ums Skaten drehte, fühlt sich am Ende seines Lebens.

Rat sucht er bei Tony Hawk, genannt „TH“, seinem Skater-Idol. Mit dessen Poster spricht Sam. TH versetzt ihn kurz in die Zukunft. Sam muss plötzlich mit seinem Sohn Rufus, genannt „Roof“, zur Schutzimpfung, findet sich als Mitbewohner im Haus von Alicias Eltern wieder. Die Zukunft erscheint ihm noch schrecklicher. Doch dann beginnt die Zukunft, und Sam lernt: In die Zukunft kann man nicht reisen, man muss hineinwachsen. Weiterlesen

Buchtipp: Stieg Larssons Krimi-Epos

verblendung.pngVerblendung – Verdammnis – Vergebung. Der schwedische Krimiautor Stieg Larsson arrangiert seine Romantrilogie nach Art eines Krimi-Epos mit einer Einführung, einem Hauptteil und der Katharsis am Ende. Weitere Romane werden nicht folgen, denn der Autor erlag 2004 einem Herzinfarkt. Das ist umso trauriger als sein Ermittlergespann Mikael Blomquist und Lisbeth Salander zu den ungewöhnlichsten Charakteren der Krimiliteratur zählen dürften. In Verblendung lernen wir die beiden kennen.

Blomquist ist in den Vierzigern, investigativer Journalist beim Polit-Magazin Millennium. Gerade ist er für einen Recherchefehler vor Gericht gelandet. Ansonsten pflegt er eine Affäre mit seiner verheirateten Jugendfreundin Erika Berger. In dieser Lage erreicht ihn ein Rechecheauftrag des Großindustriellen Henrik Vanger. Blomquist soll dessen Nichte Harriet finden, die vor Jahrzehnten spurlos verschwand. Auftritt: Lisbeth Salander. Mitte Zwanzig, entmündigt, angeblich psychisch krank. Sie unterstützt den Vierziger Blomquist bei seinen Recherchen. Weiterlesen

Wenn die Doofen Bücher schreiben

Als wir Michelle erzählen, dass wir an einem Buch mit dem Titel Generation Doof schreiben, tritt ein Leuchten in ihre glasigen Augen. „Weissich“, meint sie und stößt kurz auf. „Hat mir Aamin schon erzählt. Musstich gleich lachen.“ Das freut uns natürlich, aber wir wollen nun doch wissen, warum sie das so lustig findet, „Na, ich fanden Titel so komisch“, erklärt sie. „Wie schreibtn ihr das? Doof wie blöd, oder so wie die Seife?“

generation_doof.pngWer gern über geistige Ausrutscher wie den von Michelle lacht, findet im fertigen Buch „Generation Doof“ viel Anlass zu Heiterkeit. Stefan Bonner und Anne Weiss berichten von Miss Märkisch-Oderland, die Polen in der Nordsee vermutet und von einem namentlich nicht genannten Jugendlichen, der nicht in der Lage ist, zu sagen, aus welchen Ländern die Staatschefs von England oder Amerika kommen, und nicht weiß, in welchem Land der Irak-Krieg stattgefunden hat.

In einer ebenso kurzweiligen wie lang gezogenen Freak-Show lassen Bonner und Weiss die Symptomträger einer verlorenen Generation an uns vorbei defilieren. Nach Jahrhunderten des Anstiegs beim durchschnittlichen Intelligenzquotienten, befinde sich dieser seit Ende der 1990er Jahre im Sinkflug. belehren die Autoren den Leser. Unwissenheit gilt der Generation Doof als Zierde und Hartz IV als erstrebenswertes Lebensziel. Die Gründe liegen auf der Hand: Viel zu laxe Erziehung und mieses Schulsystem. Das klingt nach dem Kulturpessimismus, den man von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) gewohnt ist, wenn es um die heutige Jugend geht.

Doch damit tut man den Autoren unrecht. Erstens urteilen sie nicht altklug über ihre Generation, und zweitens kommen sie zu überraschenden Erkenntnissen. So nehmen sie sich einer Klage an, der sich wohl viele Lehrer lautstark anschließen könnten. Dass nämlich die Schüler reihenweise Automarken mit allen technischen Details aufsagen können, an einfachen Englich-Vokabeln hingegen scheitern. Bonner und Weiss stellen klar: „Über ein solches Wissen [gemeint sind die Automarken, nicht die Englisch-Vokabeln] muss man verfügen, um in einer Gruppe hoffnungsfroher Jungproleten als Alphatierchen anerkannt zu werden, daraufhin die schärfste Schnitte abzuräumen und so für den Fortbestand der Art zu sorgen.“ Weiterlesen

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