Vor zwanzig Jahren verließ Ed Loy Dublin und das Elendsviertel Fagan’s Villas. Überstürzt, denn er hatte entdeckt, dass seine Mutter eine Affäre hatte. Nun ist sie tot, und Ed Loy kehrt zurück. In ein Dublin, dass seine Geschichte als Armenhaus abgeschüttelt hat wie Dreck an den Schuhen. Aber so ist das mit Dreck an den Schuhen: Man kann ihn noch so gründlich abklopfen, etwas davon schleppt man doch immer hinein und auf den neuen Teppich.

So ist das auch bei Declan Hughes und seinem Thrillerdebut „Blut von meinem Blut“.

Da ist es Blut in den schicken neuen Räumen der Boomtown Dublin. Irisches Blut. Das der Dawsons und Parlands, die im Irland-Boom ihr Glück gemacht haben. Das der Halligans, die in Dublins Untergrund mafiose Netze spinnen, die Männer fürs Grobe für jene, die sich nicht gern die Finger schmutzig machen. Und schließlich ist es das Blut der Loys der Courtneys und all der anderen, die der Aufschwung in Fagan’s Villas vergaß. Dann ist da noch Linda, die mit Peter Dawson, einem Spross der Gewinnerseite verheiratet ist. Aber Peter ist verschwunden, und Ed soll ihn suchen.

Dass „Blut von meinem Blut“ keine harmlose Vermisstengeschichte ist, versteht sich von selbst. Tatsächlich fließt das Blut in Strömen, und am Ende bleibt kaum jemand übrig, der die Wahrheit kennt, der weiß, wie alles begann, damals in Fagan’s Villas, und kaum jemand, der Ed Loy sagen kann, was mit seinem Vater geschah, der vor 20 Jahren verschwand. „Blut von meinem Blut“ atmet viel irische Luft, und ich bin skeptisch gegenüber Thrillern, die sich nicht entscheiden können, ob sie Fremdenführer oder Krimi sein wollen.

Aber Declan Hughes formt Dublin zu einer Stadt der Geschichten, der Lebensgeschichten, der irischen Geschichten. Seine Charaktere sind fein gezeichnet, voll menschlicher Schwächen, Eitelkeiten und Geheimnisse. Ed Loy, sein Held schleppt selbst eine Tragödie, trinkt und glaubt immer einmal zuviel an das Gute im Menschen. Er ist ein Antiheld, auferstanden aus Krimis der schwarzen Serie und nach Irland geeilt, wo er viel einstecken muss.

Nur eines gelingt dem Autor nicht: die Liebesgeschichte zwischen Ed und Linda bleibt farblos. Man mag den Beteuerungen des Heimkehrers nicht folgen, wenn er von seiner Jugendliebe schwärmt, und davon, wie sehr er sie auch heute noch begehrt. Noch eine Warnung zum Schluss: Depressive Menschen sollten die Finger von diesem dunklen Buch lassen.

Allen anderen bereitet Declan Hughes ein Thrillermenü, wie es sein soll. Mit einer Geschichte, die den Leser, wie ein Staubsauger durch die Seiten zieht, und ihr Geheimnis bis zum Schluss bewahrt. Aber wie sagen die Iren: „Sag‘, was du willst, aber sag nichts!“