Die Welt war glücklich für die Bauern, in jenen alten Tagen. Da war die Europäische Gemeinschaft noch jung, die Steuersäckel voll, die Bürokratie freigiebig. Die EG gab Geld und fragte nicht, was dafür produziert wurde. Und auch die Bauern mussten danach nicht fragen. Die europäischen Steuerzahler bezahlten die Beseitigung der durch die Lande irrenden Schweinehälften. Sie zückten das Portemonaie, wenn der Butterberg rief und sie trotzten dem Milchsee.

Die Bauern fragten auch dann nicht, als die Gemeinschaft sich längst dazu durchgerungen hatte, den Geldhahn abzudrehen. Noch 2006 drohte deutschen Bauern eine Millionenstrafe aus Brüssel – wegen Überproduktion von Milch. Es soll keiner sagen, dass es an Warnungen gefehlt hätte. Die einstmals quasi beamteten Landwirte stehen nicht plötzlich im rauen Wellenspiel von Angebot und Nachfrage.

Vielleicht haben Verbandsfunktionäre allzu eifrig den nahenden Sturm als einen im Wasserglas verharmlost. Sie haben die eigenen Mitglieder verschaukelt. Die fühlen sich nun als Schiffbrüchige auf dem Milchsee. Dass ihr Milchboykott tatsächlich in kürzester Zeit irgendetwas bewirkt, davon dürften die Bauern selbst nicht so überzeugt sein, wie sie sich geben. Dabei gibt es unter den Landwirten etliche, die nicht klagen, die aber auch ihre Milch nicht für 30 Cent pro Liter verkaufen müssen: die Biobauern.

Die Biolandwirtschaft hat sich von Anfang an dem Markt gestellt. Sie kann zu Preisen verkaufen, zu denen auch kleinbäuerliche Betriebe rentabel produzieren können. Diesen rettenden Ausweg für die kleinbäuerliche Landwirtschaft hat Horst Seehofer (CSU) zugeschlagen, gleich nachdem er 2005 Landwirtschaftsminister wurde. Der Minister schaffte die Übergangsförderung für Landwirte ab, die auf biologische Produktion umstellen wollten. Weil aber eine solche Umstellung Jahre braucht, in denen der Betrieb nichts abwirft, grenzt es für all jene, die jetzt aufwachen, an Selbstmord, die Umstellung anzugehen.

Dennoch werden sie den falschen Beschwichtigungen und Solidaritätsbezeugungen einmal mehr Glauben schenken, die Bauern. Es wird ihnen warm ums Herz werden, wenn sie den von Sorge zerfurchten, väterlichen Blick ihres Ministers im Fernsehen sehen. Sie werden einmal mehr Jenen glauben, die ihnen erzählen, dass das klug und tapfer sei, was sie tun, dass die glücklichen Zeiten noch einmal zurückkehren.

Doch die Zeiten werden nicht zurückkehren, das mussten vor den Bauern die Kohle- und Stahlarbeiter feststellen. Und es wird ebenso wenig das Ende der Landwirtschaft sein, wie es damals das Ende der Stahlindustrie in Deutschland war. Aber überleben wird nur der, der wirtschaftlich produzieren kann. Wer das ist, wird sich zeigen, wenn die Schlacht vorüber und der Wahlkampfqualm über dem Milchsee sich gelegt hat.