Auf 75 Quadratmetern qualmt’s wieder

Die Gastwirte haben sich ein neues Raucherschutzgebiet erobert: Die Kneipe mit höchstens 75 Quadratmetern Grundfläche, ohne Speisekarte und ausschließlich volljährigen Gästen. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. Der Jubel der Gastwirte und der Raucher kommt aber zu früh: Das Gericht hat sich ausdrücklich nicht gegen das Rauchverbot ausgesprochen. Es hat lediglich die Politiker zum Nachsitzen verurteilt. Es muss ein einheitliches Rauchverbot her. Das kann auch bedeuten, dass demnächst das Rauchen auch in Gaststätten mit mehreren Räumen verboten wird.

Die Lösung liegt dabei eigentlich auf der Hand: Die Europäische Union formuliert in ihrem Auftrag an die Mitgliedstaaten das Rauchverbot als Mittel zum Zweck. Und der Zweck besteht im Nichtraucherschutz. Vor allem den Schutz des Personals nimmt die EU ins Visier. Kneipenbedienungen müssen Schadstoffbelastungen am Arbeitsplatz aushalten, bei denen in jedem anderen Gewerbe der Einsatz von Atemschutzmasken zur Pflicht würde. Warum sollte der Arbeitsschutz eine Ausnahme für die Arbeitgeber in Kneipen machen? Gasmasken für die Schoppenschlepper? Das hätte aus meiner Sicht eine zwingende Logik. Natürlich höre ich schon die Gastwirte: „Unsere Leute brauchen ja hier nicht zu arbeiten, wenn sie das Gequalme nicht vertragen!“ Aber mit derselben Begründung könnte auch der Chemiegigant Höchst alle Maßnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer abschaffen.

Das wird den Zwist mit den Gastwirten nicht beenden. wäre der Gesetzgeber . Und den muss der Gesetzgeber fürchten. Die Märkische Allgemeine berichtet in ihrer heutigen Ausgabe von einem Berliner Gastwirt, dessen Gaststätte größer als 75 Quadratmeter ist. Er will klagen – gegen die Ausnahme von der Ausnahme.

Kategorien: Ansichtssache, Politik und Gesellschaft

4 Kommentare

  1. Also ist das Rauchen in kleinen Räumen nicht gesundheitsschädlich oder was???

  2. Dass das Rauchen gesundheitsschädlich und der Nichtraucherschutz ein „überragend wichtiges“ Rechtsgut ist, hat auch das Bundesverfassungsgericht bestätigt. Das Gericht will nur kleinen Kneipenwirten die Existenz sichern. Schließlich hat ja auch der Gesetzgeber eine Ausnahme gemacht. Nämlich für Kneipen mit abgetrennten Raucherräumen. Die Quadratmeterzahl ist dabei völlig willkürlich gewählt. Deshalb bin ich der Überzeugung, dass man nur dann weiterkommt, wenn man den Nichtraucherschutz auf seine Essenz reduziert. Die EU hebt besonders auf die Arbeitsbedingungen der Gastronomieangestellten ab. Also muss man einfach nur auf den Arbeitsschutz achten. Ich bin überzeugt davon, dass Kellnerinnen mit Gasmasken die Raucher eher zum Umdenken bewegen werden als juristische Scharmützel und taktische Rückzieher vor Wahlen. Ganz neben bei sieht man auch hier wieder einmal die Unfähigkeit unserer Politiker, echte Veränderungen zu bewirken. Die Deutschen sind nämlich schon jetzt mehrheitlich Nichtraucher, und das Rauchverbot in Kneipen hat bereits in der kurzen Zeit zu einem Einbruch beim Zigarettenkonsum geführt. Das heißt, die Politik ist auf dem richtigen Weg, doch fehlt es ihr an Mut, ihn auch zu gehen.

  3. Dieses Für und Wider beim Rauchverbot wird nie enden. Ich bringe mal einen anderen Aspekt in die Diskussion: Die Nichtraucher stürmen nicht gerade die Kneipen und Gaststätten, seit das Gesetz existiert. Wäre das der Fall, würden die kleinen Pinten auch nicht jammern. Zur Abwechslung schiebe ich den schwarzen Peter hinüber zu den teerlosen Lungen: „Los jetzt, ab in die Kneipe, Ihr spart doch schon genug indem Ihr nicht raucht.“

  4. Als man die chemischen Reinigungen gezwungen hat, von Heute auf Morgen ihre Reinigungsmittelabfälle für teuer Geld zu entsorgen und nicht mehr hinters Haus zu kippen,da hat man auch nicht gefragt, wie viele Kleinbetriebe dabei draufgehen. Und die sind kaum gefährlicher als Zigarettenrauch. Wir verlangen von der Regierung Taten, und dann soll sie aber bitte schön dafür sorgen, dass alles beim Alten bleibt. Außerdem sind am Niedergang der Eckkneipen die Raucher schuld, die jetzt erst einmal aus Protest zuhause bleiben. Wenn man beim Rauchverbot bliebe, dann hätte sich in ein paar Monaten alles wieder eingerenkt. Das war in Irland und Italien auch nicht anders. Wenn die Nichtraucher aus Protest gegen die Raucher zuhause geblieben wären, sähe es in der Gastronomie schon lange viel düsterer aus 😉

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Copyright © 2024 Wolff von Rechenberg

Theme von Anders Norén↑ ↑