Er fühlt sich nicht wohl mit der Homo-Ehe, der Franz Josef Wagner. Der Bildkolumnist, sonst den Ängsten der Kleingeister immer eine Breitseite voraus, in einer Homo-Ehe? Aber das ist seine Privatsache. Das geht uns nicht an, denn wir sind ja brave tolerante Bundesbürger. Das bestätigt uns Herr Wagner in seiner Kolumne „Post von Wagner“. Und wie tolerant! Gebührt uns nicht ein wenig Dank, dass wir Homosexuelle nicht mehr in den Knast schicken? Bild meint: Ja!

Den Kindersegen verwehrt die Biologie auch heterosexuellen Paaren

Aber den Homos das heilige Institut der Ehe zu überlassen, das geht zu weit. Schließlich sei ja die Ehe ein Schwur auf Kindersegen und Fruchtbarkeit. Da liegt der Bildkolumnist hundertprozentig auf Papstlinie. Dabei bleibt uns Herr Wagner Antworten auf drängende Fragen schuldig: Wie sieht es mit Ehen zwischen Mann und Frau aus, denen eine grausame Biologie den Kindersegen verwehrt? Wie sieht es mit Paaren aus, die erst jenseits der Fünfziger zueinander finden? Warum dürfen die heiraten – unfruchtbar wie ein homosexuelles Paar?

Der Streit um die Homo-Ehe beruht auf Irrtümern

Der Streit um die Homo-Ehe beruht auf einigen grundsätzlichen Irrtümern: Der Herleitung der Ehe aus der Bibel und aus der Ansicht, die bürgerliche Gesellschaft habe allen die anders sind, großzügig etwas zu gestatten. Aber haben Sie irgendwo in der Bibel von Standesämtern, Ehegattensplitting oder Elterngeld gelesen? Die Ehe ist eine rechtliche Institution. Das Gesetz legt nirgendwo fest, dass die Rechtskraft eines Lebensbundes von Gebärfreudigkeit oder -fähigkeit abhängt.

Ein Gott der Wagner und Schwule liebt

Ich bin nicht bibelfest genug, um beurteilen zu können, ob die Heilige Schrift tatsächlich alle Lebensbündnisse außer der Mann-Frau-Kind-Ehe ausschließt. Das Grundgesetz tut es nicht. Ich möchte aber an einen Gott glauben, der alle Menschen gleichermaßen liebt. Schließlich darf sich Franz Josef Wagner von Gott geliebt fühlen, obwohl er regelmäßig gegen das biblische Verbot der üblen Nachrede verstößt. Da wird Gott wohl gegen Schwule und Lesben nichts einzuwenden haben, die ihren Nächsten lieben wie sich selbst.

Schwule und Lesben beanspruchen ein natürliches Recht 

Lieber Herr Wagner, das Gesetz gehört niemandem. Dass Schwule nicht mehr im Knast landen, haben die zuallerletzt Ihren Lesern zu verdanken. Warum müssen wir überhaupt darüber diskutieren, ob Schwule und Lesben die Ehe eingehen dürfen? Sie sind Teil dieser Gesellschaft und beanspruchen mit der Ehe ein natürliches Recht aller Menschen in diesem Land. Das Recht auf Liebe und Zweisamkeit und das Recht, auch vor dem Gesetz füreinander einzustehen.