Der Monat Juni neigt sich dem Ende zu und mit ihm die Amtszeit des Fast-Bundespräsidenten. Gemeint ist nicht der Bundesratspräsident, der laut Grundgesetz den Bundespräsidenten vertritt. Gemeint ist Joachim Gauck, der Präsidentschaftskandidat von Grünen und SPD. Im Wahlgang um das höchste Staatsamt hat er kaum eine relle Chance. Und keiner wird das so gelassen sehen wie die, die ihn nominiert haben: SPD und Bündnis 90/Die Grünen.  

Aber einen Monat hat der knorrige Kandidat die Schlagzeilen beherrscht. Einen Monat lang hielt Gauck die Reden. Einen Monat sonnte er sich im Zuspruch von Fangemeinden bei Facebook. Einen Monat konnte man glauben, er sei Präsident. Denn einen Monat lang fiel kein Wort über Wulff. Christian Wulff (CDU) präsentierte sich einen Monat lang so wie er seit jeher die niedersächsischen Staatsgeschäfte führt: Farblos.

Fassungslos mag Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einen Monat lang den PR-Coup von Rot und Grün verfolgt haben. Das liegt an der Personalie Joachim Gauck. Der Mann ist eher wirtschaftsliberal und wertkonservativ. Ein rückwärts Gewandter, der natürliche Feind eines rot-grünen Zukunftsprojekts, wie auch immer das aussehen könnte.

Obwohl Gauck einst dem Bündnis 90 anghörte, das in der Grünenpartei aufging: So einer passt zur CSU, die ihn tatsächlich – 1999 – selbst einmal zum Bundespräsidenten wählen wollte. Rot-Grün hat Gauck als parteilosen Kandidaten nominiert. Dabei ist er das genaue Gegenteil. Joachim Gauck ist ein taktischer Kandidat, eine parteipolitische Geheimwaffe. Instrument einer Opposition, die eindrucksvoll zeigt, wie wenig Respekt die Parteien dem Amt des Bundespräsidenten entgegenbringen. Sie benutzen das höchste Staatsamt, das Amt des Repräsentanten unserer Republik, einzig um dem (partei-) politischen Gegner zu schaden.

Man sollte SPD und Grünen tatsächlich eine Direktwahl des Bundespräsidenten wünschen. Denn dann müssten sie mit Joachim Gauck leben. Länger als einen Monat. Verdient hätten sie es.