Sigmar Gabriel verzichtet auf die Kanzlerkanidatur der Sozialdemokraten und zieht sich auch vom Parteivorsitz zurück. Von einer Panne sei hinter den Kulissen gesprochen worden, berichtet Thomas Walde in den „heute“-Nachrichten um 19 Uhr. Schließlich hätte auch die SPD-Führung erst aus der Presse vom Rückzug des Niedersachsen erfahren. Dabei hat der Noch-Vorsitzende mit seinem Coup alles richtig gemacht. Die Sozialdemokraten starten mit dem besten verfügbaren Kandidaten in den Bundestagswahlkampf 2017, mit dem Europapolitiker Martin Schulz. Und sie beginnen den Wahlkampf mit einem Auftakt nach Maß.

Ein ZDF Spezial zum Thema SPD? Bitte sehr. Wer in der siechen Sozialdemokratie würde angesichts des medialen Interesses noch monieren, dass nicht die Gremien den Kanidaten gekürt haben, wie es Gabriel gebetsmühlenartig wiederholt hatte. Die SPD hat es jahrelang mit unaufgeregter Regierungsarbeit versucht. Sie hat den Mindestlohn umgesetzt, die Rente mit 63 und die Mietpreisbremse. Nichts davon hat der Partei genützt. Warum also nicht einmal einen anderen Weg einschlagen? Warum nicht die K-Frage im Alleingang in einem Interview mit dem „stern“ entscheiden?

Gabriel macht mit seinem Rücktritt der Partei noch ein weiteres Geschenk: Martin Schulz geht unbelastet in den Wahlkampf. Es ist nun klar, dass sein Konkurrent aus eigenem Entschluss und zum Wohl der Partei zurückzieht, nicht weil sich die Parteiführung gegen Gabriel entschieden hat. Ganz nebenbei bringt Gabriels Schritt der SPD Emotion zurück. In der während der Merkeljahre sedierten Sozialdemokratie menschelt es plötzlich ein wenig. Wenn die Genossen die Vorlage ihres scheidenden Vorsitzenden klug nutzen, könnte es für ein starkes Abschneiden reichen – wenn vielleicht auch nicht für das Kanzleramt.