Um die Welt jetten, in teuren Anzügen in teuren Casinos sitzen, trockene Martinis und schöne Frauen vernaschen. So kennt man James Bond. Daniel Craig, der fünfte offizielle Bond-Darsteller im 21. offiziellen Bond-Abenteuer „Casino Royale“ gibt uns nun einen Bond in der Ausbildung, einen Geheimagenten, der sich unter strenger Kontrolle von M (Judi Dench) im Kampf gegen den Halunken Le Chiffre (Mads Mikkelson) seine Doppel-Null verdienen muss. Craig zeigt Bond als Straßenköter, der sich hocharbeitet und dabei manchmal noch darüber aufgeklärt werden muss, dass es solche und solche Dinerjackets gibt. Craigs Bond ist (noch) kein cooler Zyniker, aber einer, der die wichtigste Qualifikation für einen Doppelnull-Agenten mitbringt: Er kann töten, ohne mit der Wimper zu zucken. Dabei wirkt er oft brutal. Kein Wunder: Craigs Bond ist keine Karikatur auf einen englischen Snob, wie der von Roger Moore, und kein Dandy, wie der von Pierce Brosnan. Seit Sean Connery hat kein Bond mehr jene Aura von Gefährlichkeit verbreitet, die zu einem Killer im Regierungsauftrag passt. Craig holt Bond aus dem Glamour und verleiht ihm etwas überraschend Reales. Graigs Bond ist ein Bond, wie ihn eher John le Carré als Ian Fleming erdacht haben könnte. Dazu passt seine Ausstattung. Die abgefahrenen Spielzeuge eines Q stehen dem neuen Bond kaum zur Verfügung. Einzig der Defibrilator im Handschuhfach erinnert an alte Zeiten. Dafür konsultiert er ab und zu das Hauptquartier und sei es nur, um in der Datenbank zu recherchieren. Craigs Bond zeigt als erster die Fähigkeit zur Entwicklung. Überrascht stellen wir fest, dass der junge Bond am Ende seiner Episode I ein anderer ist als der, den wir in der ersten halben Stunde kennengelernt haben. Mit Casino Royale haben sich die Bond-Produzenten eine ganz große Chance eröffnet: Bond ist nicht als Playboy vom Himmel gefallen, er hat eine Geschichte. Daniel Craig könnte der erste wirklich neue Bond werden, wenn die Produzenten es nicht vermasseln, indem sie ihm weiter so fade Drehbücher geben. Denn das größte Problem von „Casino Royale“ ist nicht der neue Bond, sondern das schlechte Timing mit seinen langen und langatmigen Sequenzen und seinem zerfaserten Spannungsbogen.