Microsofts Dateiformat Ooxml steht offenbar kurz vor der Anerkennung als ISO-Standard. ZDNet berichtet heute, dass Dänemark wohl für die Anerkennung des Standards stimmen wird. Und auch Großbritannien scheint die Seiten wechseln zu wollen. Lustig. Denn Ooxml darf sich schon jetzt als die absurdeste Erfindung seit den Toiletten-Landelichtern betrachten. Einerseits plagen gravierende Mängel das Dateiformat. Andererseits hat die internationale Normungsorganisation ISO bereits ein anderes funktionierendes und noch dazu offenes Format anerkannt: OpenDocument.
Microsoft hat ganze Lobbyarbeit geleistet, und wir dürfen wohl vermuten, dass der Konzern deshalb den Kaufpreis für Yahoo! nicht komplett in Bar entrichten kann, weil die Geschenke für die ISO-Mitglieder die Kassen der Redmonder zu stark geleert haben. Doch selbst wenn in nicht allzu ferner Zukunft die ISO dem Ooxml-Standard seinen Segen erteilt haben wird, dann ist es für Microsoft noch zu früh, um die Sektkorken knallen zu lassen, und die Open-Source-Gemeinde braucht vorläufig noch kein Trauerflor anzulegen. Denn, was wird dann geschehen sein? Es gibt ein Dokumentenformat, auf das die öffentlichen Verwaltungen angewiesen sind, um ihre IT-Kosten flach zu halten, und wir haben ein Dokumentenformat, das die Welt nicht braucht (okay: die Welt außer Microsoft). Wir haben einen Softwarekonzern, der Millionen aufgewendet hat, damit treue Gefolgsleute sich in die nationalen Normungsgesellschaften einkaufen konnten. Und wir haben ein angesehenes Institut (ISO), das sich zum Wohl eines Softwaredinosauriers dem Verdacht der Korrumpierbarkeit ausgesetzt hat.
Bei der Abstimmung über Ooxml geht es nicht um Ooxml. Microsoft selbst weiß, wie wenig es im Grunde sagt, ob ein Dateiformat von irgendeinem Gremium anerkannt worden ist. Das hauseigene Doc-Format ist ein Quasi-Standard geworden, PDF ist ein Quasi-Standard geworden. Ooxml ist tot. Es bietet keinerlei Vorteil gegenüber dem Vorgänger Doc. Open Document hat wenigstens eines dem alten Quasi-Standard voraus: Es wird nicht von einem einzelnen Softwarekonzern dirigiert. Bei der Abstimmung geht es um nicht weniger als das Ansehen des ISO-Standards.
2. April 2008 — 12:18
Dass OOXML tot ist, da möchte ich widersprechen. Mir sind leider einige Beispiele bekannt, wo in Unternehmen und auch Behörden leider nicht die Leute über die IT entscheiden, die sich damit auskennen, sondern andere, die lieber auf Großkonzerne vertrauen. Eine ISO-Zertifizierung ist für diese Leute leider Wasser auf die Mühlen nach dem Motto: Seht her, da haben wir wenigstens Firmensupport und ISO-zertifiziert ist es auch. Damit wird das dann nach oben gerechtfertigt. Und wenn eine falsche Entscheidung erst mal gefallen ist, wird erfahrungsgemäß eine lange Zeit, manchmal Jahre, mit viel Geld versucht, alles irgendwie am Funktionieren zu halten oder erst mal dazu zu bewegen. Schließlich steht ja der Ruf der Entscheider auf dem Spiel. Und natürlich waren die Schwierigkeiten keinesfalls vorherzu sehen. Das ist eben bei Computern so, Sachzwänge usw., usw.
2. April 2008 — 22:33
Genau das meine ich. Die Geschichte geht weiter wie vorher: Die Leute speichern alles in Doc. Die ISO hat eine Entscheidung getroffen, die den gesamten Entscheidungsprozess in Sachen Dokumentenstandards nachträglich überflüssig macht. Vorher hat niemand was von diesem Gremium gewusst. Dann hatten die die Chance, Geschichte zu machen, und nun haben sie sich in die Lächerlichkeit verabschiedet. Ich denke übrigens, dass die Entscheidung den Siegeszug von Open Office nicht aufhalten wird. Und der gepfefferte Brief von Münchens OB Ude in dieser Sache gibt mir Hoffnung, dass bei denen, die mit den Dokumenten arbeiten müssen, die Vernunft größer ist als bei den Funktionären.