Und schon wieder beschäftigt er uns, der Bundesinnenminister. Über die Medien hält er die Zivilgesellschaft unter Dauerfeuer, zeigt Instrument um Instrument aus seinem. Die neue Idee des Dr. Wolfgang Schäuble: Filterung gefährlicher Websites, beispielsweise solcher mit „Hasstiraden gegen Israel“. So wurde Schäuble gestern im Deutschlandfunk zitiert. Um die Idee zu verstehen müssen wir ein Jahr in die Vergangenheit reisen.
12. Juli 2006: Die schiitische Hisbollah-Miliz beschießt den Norden Israels vom Süd-Libanon aus wahllos mit Katjuscha-Raketen. Tags darauf greifen israelische Truppen den Süden Libanons an. Sie wollen den Raketenbeschuss stoppen und einen entführten israelischen Soldaten befreien. Dann geschieht etwas Eigenartiges: Obwohl die Israelis eigentlich klar in Notwehr handeln, hagelt es Kritik. Der Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah ist in der gesamten muslimischen Welt bereits ein Held des Widerstandes gegen die israelische Besetzung bevor ein israelischer Soldat seinen Schnürstiefel in den Sand des Zedernstaates gesetzt hatte.
Besonders weh tat den Israelis, dass sie selbst für europäische Medien die Buhmänner waren. Beleg dafür, dass Kriege auch an der PR-Front verloren gehen können. Die israelische Regierung gibt beträchtliche Summen für die Vermittlung ihrer politischen Ziele aus – wie übrigens alle reichen Länder auf diesem Planeten. Dieser Aufwand hat Israel nichts genützt im Kampf gegen die Blogger. Araber hatten durch Worte, eingetippt in Internetcafés zwischen Casablanca und Djakarta, den Hisbollah-Führer zum Märtyrer gemacht.
Ein Albtraum für einen Law & Order-Mann wie Wolfgang Schäuble: Da bilden sich Menschen im Internet eine eigene Meinung. Öffentlich!! In die Isoliertasche einer Medienwelt, in der die da oben denen da unten die Welt erklären, schneiden die Weblogs ein Loch und lassen die Luft heraus. Wenn Wolfgang Schäuble zu bestimmen hätte, was eine antiisraelische Hasstirade ist und was nicht, dann wird es nicht mehr zu einem Publicity-Gau wie dem Libanonkrieg 2006 kommen. Aber dann werden in Deutschland auch unabhängige Berichte aus den Palästinensergebieten schwer zu bekommen sein.
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