Wie viele Sozis sind ein Clement?

Wolfgang Clement ist sauer. Der ehemalige nordrhein-westfälische Ministerpräsident, Bundeswirtschaftsminister und oberste Leuchtturmwärter sieht die Agenda 2010 in Gefahr. Wenn die Partei weiter nach links rücke, dann… Die SPD sei ja schon seine politische Heimat, aber das kann sich ja ändern. Da ist es wieder, das Basta der Schröderjahre. Dieses sozialdemokratische Edikt Perpetuum Silentium. Das Wort, mit dem Gerhard Schröder seine Partei in die Spaltung getrieben hat. Denn was ist der Westflügel der Linkspartei anderes als ein Spaltungsprodukt?

Die große Koalition hat die Basta-Generation hinweggefegt, doch weit entfernen sich sozialdemokratische Veteranen nie von der Macht. Schon Willy Brandt gefiel sich noch Jahrzehnte nach seinem Abschied von der politischen Macht darin, SPD-Kanzlerkandidaten auf den Schild zu heben und sie anschließend auch eigenhändig zu meucheln.
Als er noch als Arbeitsminister und Vizekanzler zu Angela Merkels Seite regierte, hat Franz Müntefering die Partei auf Agenda-Kurs zu halten gesucht. Doch der ist weg. Den Altkanzler in seinem gut bezahlten sibirischen Exil stört das „Gedöns“ daheim wohl herzlich wenig. Da muss eben jetzt ein Rentner mit Rücktritt drohen. Rücktritt wovon? Vom einzigen, das er noch hat, vom SPD-Parteibuch. Ein Verlust wäre Clement in jedem Fall für die Partei.

Doch letztlich widerfährt ihm jetzt nur das, was er und Schröder dem Heer der namenlosen Sozialdemokraten zugemutet haben. Ganze Ortsverbände haben die Traditionspartei während der Schröderjahre verlassen. Und war es nicht gerade dieser Vertrauens- und Mitgliederverlust an der Basis, den Kurt Beck mit seinem Klassenkampf 2.0 zu bremsen versuchte? Die Partei hat sich nach dem Ende der Ära Schröder vielleicht nicht schnell genug von den gepanzerten Schlachtrossen der Basta-Ära getrennt. Irgendwann muss sie sich entscheiden. Aber wieviel gehaltene Sozis wiegen einen getürmten Clement auf?

Kategorien: Ansichtssache

2 Kommentare

  1. Dass Wolfgang Clement die SPD als seine Heimat ansieht, zeigt, wie neoliberal und antisozial die Partei zwischendurch geworden war. Heute fühlt Clement sich sicher auch im „Konvent für Deutschland“ wohl, dessen Mitglied er ist. Der setzte sich seinerzeit für eine wettbewerbsorientierten Föderalismusreform ohne Länderfinanzausgleich ein. Der „Konvent für Deutschland“ ist eine der vielen Lobby-Organisationen der deutschen Wirtschaft wie auch die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“, die unter ’sozial‘ eigentlich anscheinend eher ’sozial-darwinistisch‘ versteht. Zwischen diesen Orgnisationen gibt es vielfältige Verbindungen. Finanziert wird der „Konvent“ von den im Kuratorium versammelten Unternehmen und Stiftungen: Fraport, TUI, Frankfurter Societätsdruckerei, Deutsche Bank, Linde, RWE, Heinz-Nixdorf-Stiftung, Continental, Deutsche Post und Porsche. (Nebenbei: Dem so genannten ‚Konventskreis‘ gehört übrigens auch Oswalt Metzger. (Siehe Link))
    Wenn Beck es damit ernst meint, das Wort „sozial“ in der Partei wieder stärker zu betonen, sollte er meiner Meinung nach Clements Äußerungen nicht als Drohung, sondern als Versprechen aufnehmen. Ich sähe das nicht als Verlust für die SPD an.

  2. Ich bin sicher, dass dir etliche Sozialdemokraten zustimmen werden.

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