Kaum hat Bill Gates, das nette Gesicht von Microsoft, seinen Abschied angekündigt, raucht es unter dem Dach des Giganten. Grund ist das Übernahmeangebot an Yahoo. 44,6 Milliarden Dollar hat Steve Ballmer den Yahoo-Aktionären geboten. Einen solchen Betrag gibt nicht einmal die Kriegskasse von Microsoft in Bar her. Silicon Alley Insider beschreibt das Verfahren. Microsoft will jeden Yahoo-Aktionär zur Hälfte in Bar, zur Hälfte in Microsoft-Aktien auszahlen.
Das Problem: Die Microsoft-Aktie, die vor dem Yahoo-Angebot noch 33 Dollar wert war, ist auf heute 28,7 Dollar gesunken. Sie hat mithin 13 Prozent ihres Wertes verloren. Um das Angebot attraktiv zu halten, muss Microsoft noch mehr Bargeld locker machen. Daraus ergibt sich, dass ein immer größerer Teil des Aktienvolumens in die Taschen von Microsoft wandert. Microsoft dünnt also den Anteil der im Umlauf befindlichen Aktien aus. Überdies gehen schon jetzt Gerüchte, dass sich Microsoft das erste mal in der Unternehmensgeschichte verschulden muss.
Das wird den Microsoft-Aktionären nicht gefallen, denn es verringert den Einfluss Derjenigen, die über große Aktienpakete verfügen. Wenn sie ihre Pakete zu Geld machen, stürzt die MS-Aktie weiter ab. Bei der Rechnung hat Microsoft noch Glück. Der Aktienkurs von Yahoo ist zwar am Freitag um mehr als 50 Prozent gestiegen, doch seither sinkt auch der Kurs des Internetportals.
Yahoo spielt währenddessen auf Zeit. Wiederum der Silicon Valley Insider veröffentlichte eine E-Mail von Yahoos CEO Jerry Yang. Darin gibt sich Yang zugeknöpft und äußert sich karg über das Prüfen von Alternativen. Warum eigentlich? Müsste Yahoo nicht froh sein, einen starken Verbündeten zu bekommen? Schließlich haben beide den selben Gegner: Google.
Der Nachrichtensender n-tv rückt einen interessanten Zusammenhang ins Blickfeld. Unter dem Dach von Yahoo haben viele kreative Köpfe Zuflucht vor dem Zugriff von Microsoft gefunden. Leute wie Marco Börries, der einst mit seinem Star Office dem übermächtigen Microsoft Officepaket die Stirn bot. Wir dürfen annehmen, dass Yahoo ein gewisses Misstrauen gegen den Software-Multi kultiviert hat.
Wenden wir uns jetzt der Anfangsfrage zu: Was ist bei Microsoft los? Nicht nur, dass CEO Steve Ballmer mit dem Übernahmeangebot an die Öffentlichkeit geht, ohne dass der Deal auch nur eingefädelt ist. Ein Kardinalfehler, den der Konzern mit Siechtum an der Börse büßt. Gleichzeitig lässt Ballmer öffentlich die Hosen herunter. Öffentlich bezeichnet er die Übernahme von Yahoo als Existenzfrage mindestens für das Internetgeschäft des Konzerns. Ein Appell, der sich an die eigenen Shareholder richten dürfte.
Microsoft braucht das Entwicklerpotenzial von Yahoo predigt der hünenhafte MS-Chef. Microsoft fehlen aber nicht deswegen gute Leute, weil Google die kreativsten Köpfe abgreifen, sondern die kreativen Entwickler, die Ballmer einkaufen zu können hofft, gehen zu Google, weil sie auf den dort vorhandenen freien Software-Plattformen kreativere Entfaltungsmöglichkeiten finden.
Sicherlich hätte ein so mächtiger Konzern die Möglichkeiten, sich neu aufzustellen. Microsoft müsste stärker als bisher auf offene Standards setzen. Googles Stärke beruht vor allem darin, dass der Suchmaschinenprimus das Web als vernetztes Commons betrachtet, das Gewinn durch Teilhabe einbringt, nicht als abgesteckten Claim, den es zu beherrschen gilt. Stattdessen erschöpft sich Microsofts Kreativität darin, die eigene Internetsuche Live Search in Rome umzubenennen.
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