Die größten deutschen Internet-Provider haben sich heute in Berlin dazu bereit erklärt, Internetseiten mit angeblich kinderpornografischen Inhalten für den öffentlichen Zugriff zu sperren. Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat darauf bestanden. Sie musste sich laut Presseberichten jedoch dazu verpflichten, umgehend eine gesetzliche Basis für die Internet-Zensur zu schaffen.

Die Internet-Provider fürchten vor allem Regressforderungen von Nutzern, deren Seiten unbegründet gesperrt wurden. 300 Menschen haben vor dem Bundespresseamt gegen die Pläne der Ministerin demonstriert die jetzt einen neuen Spitznamen hat: Zensursula. Die Argumente der Gegener einer Internet-Zensur, wie sie die Ministerin plant, wiegen schwer. Das Computermagazin „C’T“ hat sie zusammengefasst. Bevor wir dazu kommen, hier zuerst die Argumente des Ministeriums:

  • Die Verbreitung von Kinderpornografie ist von 2006 auf 2007 um 111 Prozent gestiegen.
  • Internet-Sperren halten zwar nicht jeden, aber doch wenigstens die durchschnittlichen Surfer von Kinderpornografie fern.
  • Neue Konsumenten von Kinderpornografie kommen gar nicht erst auf den Geschmack.
  • Das stört das Geschäft der Anbieter von Kinderpornografie.
  • Die Internet-Sperren stören auf diese Weise das Geschäft der Anbieter.
  • Deutschland erfüllt europäische Standards, denn Sperren wie sie nun geplant sind, gelten beispielsweise in Skandinavien.
  • Die skandinavischen Länder haben gute Erfahrungen gemacht. Allein Norwegen hat 50.000 Zugriffe auf Kinderporno-Seiten geblockt.

Die C’T hat folgende Gegenargumente gesammelt. Sie alle sind von Experten bestätigt. Auch von solchen des Bundeskriminalamtes (BKA):

  • Die Wachstumszahlen des Ministeriums beziffern lediglich eingeleitete Ermittlungen. Das BKA bestätigte der C’T, dass die meisten Fälle sich nach kurzer Zeit als unbegründet erwiesen.
  • Internet-Sperren halten nur die ahnungslosesten Surfer fern. So lässt sich beispielsweise ein DNS-Server aus einem Land, das noch keine Sperren besitzt, einstellen. Wie das geht, beschreibt ein Video, das derzeit im Internet kursiert, berichtet C’T.
  • Internet-Sperren stören auch nach Auskunft der Behörden nicht die Verbreitung von Kinderpornos. Die meisten Bilder und Filme werden entweder über Tauschbörsen oder über das Usenet getauscht.
  • Die professionellen Produzenten bedienen ihre Kunden fast nie über das Internet, sondern auf dem Postweg.
  • Bei dem auf öffentlichen Internetseiten veröffentlichten Material handelt es sich um ältere Fotos oder Videos. Internet-Sperren schützen kein einziges Kind.
  • Das Beispiel der skandinavischen Länder zeigt, dass diese sich auf Sperren beschränken, die Täter aber nicht ernsthaft verfolgen.
  • Bei den 50.000 geblockten Zugriffen in Norwegen sind die Zugriffe der Suchmaschinen-Robots nicht heraus gerechnet. Es gibt keine belstbaren Studien über den Erfolg der Internet-Sperren.
  • Es gibt keine Kontrolle, welche Seiten das BKA auf seine Liste setzt. Bekannt gewordene Listen aus anderen Ländern enthalten zum größten Teil harmlose Seiten.
  • Es ist nicht vorgesehen zu prüfen, ob ein Anbieter einer gesperrten Seite später die beanstandeten Inhalte entfernt.

Noch einmal: Diese Angaben hat die C’T durch Aussagen von Ermittlern und Experten. Jetzt dürfen Sie sich Ihr eigenes Urteil bilden.

Meine Meinung

Wer jetzt erbost, seinem DSL-Anbieter kündigen will: Vergesst es. Es trifft die Falschen. Ich erwähne bewusst nicht die Namen der Internet-Anbieter, die sich haben breitschlagen lassen. Natürlich kann man die an anderer Stelle nachlesen. Ursula von der Leyen hat die Unternehmen massiv unter Druck gesetzt. Wer nicht mitgemacht hätte, stünde jetzt am Pranger der Ministerin.

Zum Thema: Ich verurteile Kinderpornografie, wie alle anderen Gegner der Internet-Zensur. Wer mir oder den Kritikern und Kritikerinnen der Internet-Zensur etwas anderes unterstellt, betreibt Wahlkampf auf den Leibern missbrauchter Kinder! Im Kampf gegen Kinderpornografie darf es keine Denkverbote geben.

Ich bin Demokrat: Wenn die Mehrheit der Bevölkerung der Ansicht ist, dass man das Internet zensieren muss, dann soll das so sein. Ich verlange jedoch, dass ein solcher Eingriff in mein Grundrecht auf Informationsfreiheit unter der strikten Kontrolle meiner gewählten Volksvertreter stattfindet: Wenn das BKA ohne richterliche Anordnung Internetseiten sperren lassen kann, dann muss das Parlament wenigstens im Nachhinein prüfen, ob es dabei mit rechten Dingen zugeht.

Genau dies ist nicht vorgesehen. Die Listen sollen geheim bleiben. Wer versucht herauszufinden, welche Internetseiten darauf stehen, soll sich strafbar machen. Ein Einspruchsrecht ist nicht vorgesehen. Liebe Leute, wenn das wirklich so kommt, dann können wir nur hoffen, dass sich demnächst die Chinesen für die Menschenrechte bei uns einsetzen.