John Wayne
Das Bildnis von John Wayne ziert die Wand eines Motels in Utah, jenem US-Bundesstaat, in dem sich der Star radioaktiv verseuchte.

Foto: AntyDiluvian/Flickr

Wenn die Rede auf Schauspieler kommt, die sich eigentlich immer nur selbst spielen, fällt sein Name meist als erster: Marion Michael Morrison, der 1930 vom Regisseur Raoul Walsh den Künstlernamen John Wayne erhielt. Heute vor 100 Jahren kam er zur Welt. Wayne wollte nie etwas anderes sein als die Typen, die er spielte: Der Fels in der Brandung, der seinen eigenen Weg geht. John Waynes Charaktere sind sich selbst höchste moralische Instanz, darin entspricht der 1,93 Meter große Recke seinem Heimatland, den USA. Weniger bekannt sind seine drei unglücklichen Ehen, aber waren nicht auch Waynes Charaktere unfähig zu liebevoller Hingabe? Waren sie nicht alle gezeichnet durch schlechte Erfahrungen in Liebesdingen?

Ob der „Duke“, wie man ihn nach seinem heißgeliebten Airedale-Terrier aus Kindertagen nannte, im richtigen Leben so gut bei Frauen ankam wie im Film, sei einmal dahingestellt. Ich kann nicht glauben, dass Frauen ihn sexy gefunden haben. Aber das wollte er wohl auch nicht sein, und vielleicht funktionierte er nur darüber in seiner Rolle als Frauenschwarm: Er war nicht einfach zu haben. Die Prärie des John Wayne lag außerhalb des Privaten. Er war der, der große Dinge tat, wenn nötig in einsamer, immer aber in eigener Mission. Auch das entspricht dem realen Duke: In seinem erzkonservativen Weltbild teilten sich die Dinge in die einfachen Gut-Böse-Schemata, denen sich die Wirklichkeit immer weniger beugen mochte.

Das brachte John Wayne in den Sechzigerjahren immer mehr in Konflikt mit der Welt, wie sie von der Mehrheit seiner Zeitgenossen gesehen wurde. John Wayne warb für erzkonservative militaristische Politiker wie den umstrittenen Senator Barry Goldwater. Als der Vietnamkrieg die Nation spaltete, witterte John Wayne eine moralische Fahnenflucht. Mit Filmen wie „Alamo“ (1960) und „Green Berets“ (1968) versuchte er politsche Statements. Durchhalteparolen für die Heimatfront, die an der Kinokasse floppten und den eigensinnigen Star bis ans Ende seiner Tage verschuldeten.

Unfähig zu einer Wandlung – im Leben wie in seinen Rollen – wandelte sich John Wayne vom Idol zum Anachronismus und von dort zu seiner eigenen Karikatur. Als abgehalfterten Revolverhelden J.B. Books in „Der Scharfschütze“ (The Shootist, 1976) mochten ihn sogar wir Liberalen. Vielleicht empfanden wir es als späten Sieg? Der Mann des Faustrechts vom Krebs gezeichnet, den er sich ausgerechnet durch die Spätfolgen der Atombombenversuche in Utah geholt hatte. Wayne selbst hat diesen Zusammenhang immer bestritten. Das passt zu ihm, denn selbst als sterbender Scharfschütze trat John Wayne in der ihm eigenen selbstverständlichen Würde ein letztes Mal vor die Kamera. Gegen alle Widerstände ist Wayne sich selbst treu geblieben. Ihn haben nie komplizierte Selbstzweifel geplagt. Wer von uns könnte das behaupten?

Auch wenn die Wirklichkeit unserer Welt eher noch unüberschaubarer geworden ist als es die Welt der Sechziger- und Siebzigerjahre gewesen ist, so sehnen wir uns doch nach einfachen Lösungen. Und dann, wenn durch einen einsamen Entschluss alle Probleme gelöst, alles Böse besiegt ist: Würden wir dann nicht gern auch wie John Wayne in der Schlusseinstellung von „Chisum“ (1970) im Sonnenuntergang zufrieden auf ein Land blicken, das durch unser Handeln frei von Problemen ist? Natürlich ist genau diese Einstellung des Films kitschig bis jenseits der Schmerzgrenze. Aber wären wir nicht tief in uns gern ein bisschen wie John Wayne? Der Duke starb am 11. Juni 1979.