Was braucht ein Plattenspieler? Ich meine, wenn man ihn auf seine bloße Funktionalität reduziert? Einen Plattenteller, einen Tonarm und einen Motor, der den Teller antreibt. Ach ja. Und dann braucht man noch etwas, um diese Komponenten in eine Beziehung zueinander zu setzen. Beim Rega-Plattenspieler dient zur Montage eine einfache mitteldichte Faserplatte (MDF). Der Rega ist eine Holplatte auf drei Gummifüßen. Aber was für eine! Der Rega gilt heute unter Analog-Freunden als der ästhetische Meilenstein der Achzigerjahre. Das liegt nicht zuletzt daran, dass es die Rega-Plattenspieler in einer vielen Farben gibt. Da die Gummifüße um das Zentrum der Platte angeordnet sind, wirkt es als schwebe der Plattenspieler schwerelos. Ein Design-Ufo, das einem altmodischen Zweck dient: dem Abspielen von Schallplatten.

Rega PlanarIm Zentrum der Platte steckt ein hochpräzises Tellerlager. Viel enger toleriert als das des Thorens, übrigens. Wer den Subteller aus dem Lager entfernen will, muss ihn mit viel Geduld in Laufrichtung drehend Millimeter für Millimeter herausziehen. Ganz wichtig: In Laufrichtung drehen! Weiterhin wichtig: Keine Gewalt! Man darf den Subteller nur mit minimalem Kraftaufwand herausziehen. Wer sich an diese Ratschläge nicht hält, riskiert, dass der Schmierfilm zwischen Lager und Tellerachse reißt, dabei kann das Lager irreparabel beschädigt werden.

Als Motor wählte der Rega-Gründer Roy Gandy seinerzeit einen einfachen Airpax-Synchronmotor von Philips. Dieser treibt den Subteller über einen Gummiriemen an, der so simpel wirkte, dass bald gemunkelt wurde, Rega verwende Rohrdichtungsringe als Treibriemen. Um den Motor von der Platte zu entkoppeln hängte ihn Gandy an zwei Gummibänder, wie sie Karl Lagerfeld zum Bändigen seiner Haarpracht verwendet.

Der Arm ist schlicht der Hammer. Die Rega-Arme stellen die letzte große Innovation in der entwicklung des Plattenspielers dar. Das Rohr zieht Rega aus einem Stück einer Aluminiumlegierung – inklusive Headshell. Dieses großartige Stück britischer Ingenieurskunst hat eine Vorgeschichte. Die Rega-Tonarme gehen zurück auf die teuren Alphason-Tonarme, namentlich auf den HR-100. Auch die waren schon aus einem Stück gefertigt. Im Gegensatz zu seinen Erben zeigte der Alphason noch die damals übliche geschwungene S-Form. Auch der erste Rega-Tonarm besaß diese S-Form. Doch Gandy und seine Entwickler entdeckten bald, dass diese Form ein ausgesprochen ungünstiges Resonanzverhalten zeigt. Er hat am Kopfende die gleiche Masse wie am Lager. Durch die S-Form besitzt er außerdem viel mehr Masse als er eigentlich bräuchte.

Zunächst einmal kürzte Rega nun die Strecke zwischen Headshell und Lager ab: Der Tonarm erhielt seine gerade Form. Weiterhin stellte man fest, dass eine leicht konische, kegelförmige Form, die sich zur Headshell verjüngt, das beste Resonanzverhalten zeigte, weil sie die vorne am Arm sich entwickelnden Resonanzen am besten zum Lager hin ableitet. Die konische Form gab den Rega-Ingenieuren jedoch eine schwierige Nuss zu knacken. Sie funktioniert nämlich nur, wenn der Arm an allen Stellen exakt die gleiche Wandstärke aufweist. Ein Herstellungsverfahren, bei dem ein Metallteil bei gleichbleibender Wandstärke konisch geformt wird, gab es damals nicht für ein solches Präzisionsinstrument wie einen Tonarm.

Mit finanzieller Unterstützung der britischen Regierung entwickelte Rega also ein eigenes Gussverfahren. Der Arm war fertig. Dennoch brach Gandy an einigen Stellen mit der reinen Lehre: Sein Tonarm müsste noch konische geformt sein, um dem Ideal zu genügen. Außerdem ist der Rega-Tonarm ein 10-Zoll-Tonarm.

In den Achzigerjahren, als der Rega entstand, schwor die audiophile Gemeinde auf 12-Zoll-Tonarme. Hintergrund: Der Drehtonarm beschreibt einen Kreis. Er zieht also nicht in gerader Linie vom Rand zu Mitte über die Plattenseite, sondern beschreibt eine leicht elliptische Bahn. Die Stellen der Bahn, an denen der Tonarm von der idealen Stellung parallel zur Rille abweicht, nennt man Spurfehlwinkel. Allerdings führt die erhöhte Masse zu mehr Resonanzen. Heute lässt sich messtechnisch belegen, dass der Neun-Zoll-Tonarm das günstigste Verhältnis von Spurfehlwinkel zu Masse besitzt. Ich nehme an, Rega hat das Zehn-Zoll-Maß gewählt, um den Ansprüchen der audiophilen Kundschaft zu genügen.

Der Rega-Tonarm revolutionierte den Plattenspielerbau, zumal er auch noch vergleichsweise billig war. Schnell galt er als der audiophile Tonarm. S-förmige Tonarme wie die von SME waren plötzlich nicht mehr gefragt. SME reagierte auf die Herausforderung mit dem SME V, der dieselben Konstruktionsprinzipien aufweist wie der Rega. In Neun-Zoll-Ausführung weist der SME V übrigens eine stärkere Kegelform auf, die dem Ideal wesentlich näher kommt.