Phaenomene des Alltags: Chucks

chucks.jpgFoto: Pixelio.de

Im U-Bahnhof Berlin-Friedrichstraße ist es wirklich nicht zu übersehen: 2008 ist das Converse Century. Sie wissen nicht, was Converse ist?

Ein 1908 gegründeter Schuhhersteller aus Massachusetts (USA). Eigentlich angetreten, das traditionelle Leder durch Gummi zu ersetzen, gelang dem Unternehmen erst 1917 der Durchbruch. Mit dem Basketball-Schuh All Star.

Zu Ehren der Basketball-Legende Chuck Taylor bekam das gute Stück einen Stern mit dem Namen des Ballkünstlers auf die Seite. Bis heute ist der Latschen laut Wikipedia 600 Millionen Mal verkauft worden. Was zeichnet ihn aus?

Die Gummisohle ist so dünn; wenn man eine Zigarette austritt, spürt man, ob sie mit oder ohne Filter war. Außerdem muss man aufpassen, dass man sich nicht die Zehen verbrennt. Das eigentliche Schuhmaterial ist Baumwolle. Leider längst nicht so atmungsaktiv, wie sich das anhört. Der Schuh ist so dünn, dass man kalte Füße kriegt, wenn die Temperatur unter 20 Gard Celsius fällt, und so muffig, dass man Schweißquanten bekommt, wenn das Thermometer über 20 Grad steigt. Und wenn Sie jetzt glauben, dieser Schuh trüge sich deshalb bei 20 Grad angenehm, dann muss ich Sie enttäuschen. Dieser Schuh trägt sich im Grunde nur zu einer Gelegenheit angenehm: zur nächsten Mülltonne. Denn einerseits läuft es sich im Chuck nicht annähernd so gut wie in irgendeinem modernen Schuh. Andererseits sitzen die Nähte, die Seiten- und Vorderteil verbinden, genau am kleinen Zeh. Blasen sind vorprogrammiert.

Seinen Erfolg verdankt der Chuck wohl eher dem, was er nicht ist, als dem, was er ist. Was er nicht ist? Befragen wir noch einmal die Wikipedia: „Das Wort Schuh (aus althochdeutsch scuoh, dies wohl zu idg. *skeu- ‚bedecken, umhüllen‘) bezeichnet eine Fußbekleidung mit einer meist festen Sohle, die primär dem Schutz der Füße dient.“ Der Chuck hat aber keine feste Sohle und er dient auch nicht dem Schutz des Fußes. Ergo ist der Chuck kein Schuh. Er ist das, was vier Generationen von Eltern nicht an den Füßen ihrer Kinder verstehen können und dulden wollen. Logo. Nach kurzem Tragen stinkt es aus den Schuhen als ob etwas darin verwest, und die Socken riechen nicht besser. Spätestens beim Waschen dieser Socken verhärtet auch das treueste Mutterherz und lässt seine Besitzerin zur Schimpfkanonade Luft holen. Die Chucks stehen für die Rebellen von James Dean bis Sid Vicious. Aber vielleicht sind sie ja auch der Grund, dass Jugendidole jung sterben. Denn wer wollte in Chucks schon alt werden?

Kategorien: Phaenomene des Alltags

2 Kommentare

  1. Vielen Dank für diesen Bericht, du hast mich gerade noch davon abgehalten, mir ein Paar dieser Dinger zu kaufen (sehen halt so cooool aus und machen vielleicht auch etwas jünger). Nur so nebenbei, stützen sich deine Erkenntnisse auf eigene Erfahrungen?

  2. Erraten. Ich habe mein Paar nur einige Male angehabt. Da war richtig Blut im Schuh. Die furchtbarsten Schuhe, die ich je getragen habe.

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