Im Pokalfinale gegen RB Leipzig zeigte der FC Bayern seine stärkste Saisonleistung. Auf die Entscheidung, ob Niko Kovac Trainer bleibt, darf und wird das Spiel keine Auswirkung haben.
Der FC Bayern hat mit dem Pokalsieg gestern seine Saison gekrönt. Und das nicht nur, weil die Bayern RB Leipzig geschlagen haben. Sie haben dem Tabellendritten der Bundesliga eine Machtdemonstration erteilt. Nach der Führung durch ein Tor von Robert Lewandowski beherrschten die Bayern das Spiel gegen einen sehr starken Gegner wie selten seit dem Abgang von Pep Guardiola. Da sollte den Bayernbossen doch die Zusage an Trainer Niko Kovac für die kommende Saison nicht so schwer fallen, oder?
Nico Kovac und das Mario-Götze-Problem
Dennoch erwähnte der Vorstandschef des FC Bayern, Karl-Heinz Rummenigge, den Trainer nicht in seiner Dankesrede. Tatsächlich hat der Gewinn des Double aus Meisterschaft und Pokal der Chefetage die Entscheidung eher etwas schwerer gemacht haben. Ich möchte das hier als das Mario-Götze-Problem bezeichnen. Im Finale der Weltmeisterschaft 2014 wechselte Bundestrainer Jogi Löw den Dortmunder Ballkünstler im Finale gegen Argentinien ein. Götze schoss das Siegtor, Deutschland war Weltmeister. Löw hatte alles richtig gemacht, oder? Falsch! Das wissen wir nicht. Wir wissen nicht, ob nicht ein anderer Spieler das rettende Tor geschossen hätte. Hinzu kommt: Götze hat in sechs Spielen nur 257 Minuten gespielt. Götze zählte also nicht zu den prägenden Spielern der WM. Das waren Manuel Neuer, Benedikt Höwedes und Philip Lahm, die als einzige deutsche Nationalspieler alle Turnierspiele in voller Länge (690 Minuten) bestritten. Selbst Toni Kroos, der wie Götze 2014 seine erste WM spielte, kam auf 689 Einsatzminuten. Die Zahlen widersprechen also unserer gefühlten Wahrheit.
Wir bewerten Entscheidungen nach dem Ergebnis
Wir bewerten Entscheidungen gern vom Ergebnis her. Joker Götze schießt Tor + Deutschland Weltmeister = WM-Held Götze. Kovac + Double-Gewinn = Meistertrainer? Der FC Bayern wäre nicht so dauerhaft erfolgreich, wenn er diese einfache Gleichung akzeptieren würde. Dafür gibt es gute Gründe: Die Bayern haben ihren Kader zur Saison 2018/19 zwar verkleinert. Doch in der individuellen Klasse dominieren die Bayern immer noch die Liga. Mit leichtem Vorsprung vor dem BVB, aber schon mit deutlich mehr Vorsprung vor dem Ligadritten RB Leipzig. Das hat das Pokalfinale bewiesen.
Wenn selbst der Platzwart Meister wird
Für den FC Bayern ist das Double schon fast Pflicht. Trainerlegende José Mourinho hatte seinen Konkurrenten Pep Guardiola bei dessen Wechsel zum FC Bayern einst verhöhnt, er trainiere einen Verein, mit dem sogar der Platzwart Meister werden könne. Das bildet bei aller Häme die Realität ziemlich genau ab. Dennoch verloren die Bayern in der Saison 2018/19 vier Spiele und spielten sechsmal untentschieden. Unter anderem gegen den SC Freiburg und den FC Augsburg. Im Herbst 2018 lag der Rekordmeister bis zu neun Punkte hinter Tabellenführer Borussia Dortmund. In der Champions League schieden die Bayern unter Kovac im Achtelfinale gegen den Liverpooler FC aus. Ein Verein, der für Weltklassespieler attraktiv sein will, kann sich das auf Dauer nicht leisten. Selbst in der Vorsaison unter Carlo Ancelotti erreichte der FC Bayern wenigstens das Viertelfinale. Davor hatten die Bayern viermal hintereinander mindestens das Halbfinale erreicht.
Für die Führungsetage des FC Bayern müssen sich die Überlegungen auf zwei entscheidende Fragen konzentrieren:
- Beruht die zuletzt wieder gestiegene Performance des Kaders auf einer nachhaltigen Grundlage? Wie hat sich vor allem das zwischenzeitlich angeknackste Verhältnis der Mannschaft zu ihrem Trainer entwickelt?
- Hat sich der Trainer fachlich in der Lage gezeigt, in der Bel Etage des europäischen Fußballs mitzuspielen?
Von diesen beiden Fragen hängt ab, ab Nico Kovac Trainer des FC Bayern bleibt. Die starke Vorstellung der Bayernelf im Pokalfinale wird Kovac im Zweifel nicht retten.
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