Verblendung – Verdammnis – Vergebung. Der schwedische Krimiautor Stieg Larsson arrangiert seine Romantrilogie nach Art eines Krimi-Epos mit einer Einführung, einem Hauptteil und der Katharsis am Ende. Weitere Romane werden nicht folgen, denn der Autor erlag 2004 einem Herzinfarkt. Das ist umso trauriger als sein Ermittlergespann Mikael Blomquist und Lisbeth Salander zu den ungewöhnlichsten Charakteren der Krimiliteratur zählen dürften. In Verblendung lernen wir die beiden kennen.
Blomquist ist in den Vierzigern, investigativer Journalist beim Polit-Magazin Millennium. Gerade ist er für einen Recherchefehler vor Gericht gelandet. Ansonsten pflegt er eine Affäre mit seiner verheirateten Jugendfreundin Erika Berger. In dieser Lage erreicht ihn ein Rechecheauftrag des Großindustriellen Henrik Vanger. Blomquist soll dessen Nichte Harriet finden, die vor Jahrzehnten spurlos verschwand. Auftritt: Lisbeth Salander. Mitte Zwanzig, entmündigt, angeblich psychisch krank. Sie unterstützt den Vierziger Blomquist bei seinen Recherchen. Dabei stellt sich heraus, dass Lisbeth nicht nur eine Weltklasse-Hackerin ist, sondern auch ein fotografisches Gedächtnis besitzt. Auch sie schleppt ein finsteres Geheimnis mit sich herum, das Mikael Blomquist im zweiten Roman, Verdammnis, ergründen muss, weil Lisbeth zweier Morde verdächtigt wird, die sie nicht begangen hat.
Blomquist kommt einem ungeheuerlichen Komplott gegen das unscheinbare Mädchen auf die Spur, und gemeinsam bringen er und Salander im dritten Roman, Vergebung, die Schuldigen zur Strecke. Stieg Larsson hat die Romane von vornherein als Trilogie angelegt. Denn einige Geschehnisse im ersten Buch ergeben erst im zweiten einen Sinn. Larsson beginnt düster drohend wie ein heraufziehendes Unwetter und entwickelt dann einen temporeichen, brillant geschriebenen und erschreckend realen Polit-Thriller. Seine Romane sind leidenschaftliche Abrechnungen mit einer Kaste aus Wirtschaftskapitänen, Politikern und Spitzenpolitikern, die sich über jeder irdischen Gerichtsbarkeit wähnen. Dabei vemeidet Karsson aber die klassenkämpferische Pose. Das Böse, das ist nie die gesellschaftliche Schicht. Das ist der Einzelne.
Stieg Larssons Trilogie gehört zum besten, was die internationale Thriller-Literatur zu bieten hat: Bis in jedes Detail brillant recherchiert, emotional dicht geschrieben, immer am Schicksal der eigenen Akteure, voll Verständnis für menschliche Schwächen und dennoch ein unnachgiebiges Plädoyer für die Menschen- wie die Bürgerrechte. Ich beneide Jeden, der Stieg Larssons Trilogie zum ersten Mal liest.
6. Juni 2008 — 11:57
Zu „Verblendung“ kann ich deine Einschätzung nur bestätigen. Zu den beiden anderen Titeln warte ich die TB-Ausgaben ab – wenn ich durchhalte!