„The Walking Dead: World Beyond“ schläfert sogar Zombies ein

„Wir müssen reden“, sagt Felix (Nico Tortorella) zu Tony (Scott Adsit) in der 6. Folge von „The Walking Dead: World Beyond“. Nein! Müssen wir nicht! Ihr habt in dieser Folge überhaupt noch nichts anderes getan! Panisch greife ich zur Fernbedienung und entfliehe Amazon Prime. Eigentlich quatscht man hier nur. Spätestens seit der vierten Folge steckt der ganze Cast in einer Gesprächsschleife fest. Eigentlich wollen die ProtagonistInnen aus Nebraska kommend das ferne New York City erreichen – quer durch das Nordamerika der Zombieapokalypse.

Doch beginnen wir am Anfang: Wir schreiben das Jahr Zehn nach Beginn der Zombieapokalypse, die wir ja schon aus der Hauptserie „The Walking Dead“ kennen. Die beiden Schwestern Iris (Aliyah Royale) und Hope (Alexa Mansour) leben auf dem schwer bewachten und befestigten Campus der University of Nebraska. Iris eine Streberin, Hope eine Revoluzzerin. Die Mutter ist dem Weltuntergang zum Opfer gefallen, der Vater arbeitet in NYC für die mysteriöse Civic Republic Military (CRM), der wir ebenfalls schon in „The Walking Dead“ begegnet sind (Staffel 8). Die Campus-Gemeinschaft arbeitet mit der CRM zusammen bzw. für sie. Eines Tages schickt Papa heimlich ein Fax an die Töchter, das diese als Hilferuf interpretieren.

Gemeinsam mit ihren High School-Freunden Silas (Hal Cumpston) und Elton (Nicolas Cantu) – beide absolute Nerds – fliehen Iris und Hope aus der befestigten Anlage, um ihrem Vater im fernen New York zur Hilfe zu eilen. Die beiden Campus Securities Felix und Huck (Annet Mahendru) verfolgen die vier Teenies, um sie heil wieder zurückzubringen. Währenddessen macht die CRM den Campus platt, weil sie von dem Hilferuf des Vaters erfahren haben.

Klassenfahrt durch die Zombieapokalypse

„TWD: World Beyond“ bereitet die Bühne für eine spannende Reise durch die dystopische Welt nach der Zombieapokalypse. Doch die Serie ist viel zu sehr um ihre glatte Disney-Atmosphäre bemüht, um auch nur den kleinsten Funken von Spannung aufkommen zu lassen. Eine Horrorserie ist „TWD: World Beyond“ also schonmal nicht. Was hätte die Serie noch sein können? Amazon verspricht eine spannende Coming-of-age-Geschichte vor dem Hintergrund der Zombieapokalypse? Wenn wir nur fünf Minuten „Stranger Things“ schauen, wissen wir, dass dieser Ansatz gründlich in die Hose gegangen ist. „TWD: World Beyond“ reicht nicht einmal an „Das fliegende Klassenzimmer“ heran.

Da wandern vier Halbwüchsige unter der Führung ihres Vertrauenslehrers durch die Pampa, in der selbst die Zombies offenbar eingenickt sind. Zwischendurch tauschen die Teilnehmenden dieser öden Klassenfahrt Plattheiten aus. Gesäuselte süßliche Klavierakkorde signalisieren, dass hier jetzt Tiefgründiges gesagt wird. Doch die Dialoge in „TWD: World Beyond“ sind so tief wie eine Pfütze und so zäh wie Altöl. Wenn schon keine Spannung, dann vielleicht wenigstens gute Trash Unterhaltung á la „Z Nation“? Leider auch nicht. Kein Humor, kein Tempo, keine Action.

Amazon Prime: Disney Channel für Zombiefans

Mit „TWD: World Beyond“ setzt Amazon zum zweiten Mal ein Spin-off von „The Walking Dead“ in den Sand. Mit „Fear the Walking Dead“ verfrachtete Amazon Prime „Die schweizer Familie Robinson“ in die Zombieapokalypse. Mit „TWD: World Beyond“ versuchte man ein Coming-of-age im Zombieland. Wer gute Coming-of-age-Geschichten wie „Stand by Me – Das Geheimnis eines Sommers“, „Stranger Things“ oder „Es“ liebt, kann sich nur fremdschämen. Unterhaltung braucht natürlich keine große Kunst. Aber an gute Kinderunterhaltung wie „TKKG“ oder „Fünf Freunde“ reicht „TWD: World Beyond“ leider auch nicht heran. Die Serie ist so öde wie die Umgebung, in der sie spielt – wenn sie sich auf die Zehenspitzen stellt. Amazon Prime baut mit dieser Serie weiter seinen Ruf als Disney-Channel für Zombiefans aus. Showrunner sind übrigens die „The Walking Dead“-Macher Scott M. Gimple und Matthew Negrete. War deren erstes Zombie-Epos eigentlich nur ein Glücksfall, oder haben die was gegen Amazon Prime?

Nun zur guten Nachricht: Die Produktionsfirma AMC hat bereits angekündigt, dass „The Walking Dead: World Beyond“ nur aus zwei Staffeln á zehn Folgen bestehen wird. Das kann man überleben.