56 Minuten Musikspaß für den Lockdown

Das Kölner Rundfunkorchester unter Pinchas Steinberg hat 1989 eine musikalische Rundreise durch die größten Erfolge von Leroy Anderson (1908 – 1975) unternommen. Eine hervorragende Einspielung der Werke eines Komponisten, der sein Leben lang nur eines im Herzen trug: den Spaß an der Musik.

Immer wenn Musik von Leroy Anderson erklingt, meint man zu hören, welchen Spaß, der Amerikaner beim Komponieren gehabt haben muss und welchen Spaß die Musiker beim Spielen dieser Musik hatten. Viele dieser musikalischen Miniaturen von wenigen Minuten Länge waren Hits in ihrer Zeit. Etwa das Titelstück der CD, „Blue Tango“, Andersons erster Millionseller. Den „Typewriter“, in dem der Komponist das Orchester zum Tackern einer Schreibmaschine spielen lässt, machte der Komiker Jerry Lewis in seinem Kinohit „Der Ladenhüter“ („Who’s minding the store?“ – USA 1963) zum Welterfolg. Genießen wir diese Szene noch einmal, bevor wir fortfahren:

Mit „Sleigh Ride“ schuf Leroy Anderson sogar einen unsterblichen Klassiker, eine DER Weihnachtsmusiken schlechthin. Leicht, spielerisch, atmosphärisch und sofort eingängig. Doch auch hier arbeitet Anderson mit ungewöhnlichen Ideen, vor allem beim Schlagwerk. Was wäre eine Schlittenfahrt ohne die kitschigen Glöckchen? Das muss sich ein komponist erstmal trauen. Zwischendurch lässt Anderson Pferdehufe auf Wood Blocks erklingen oder eine Peitsche knallen.

Die eingängigen kurzen Melodien fordern den Musikern dennoch einige Kunststückchen ab. So lässt Anderson im rasend schnellen „Burglar’s Holiday“ die Trompeten Sechzehntelnoten im Stakkato spielen. Keine kleine Sache. Leroy Anderson hat das Orchester geliebt und für Orchestermusiker komponiert. Und dieser Spaß überträgt sich auf den Zuhörer. Das dürfte für alle Einspielungen gelten, besonders aber für die Aufnahme des Kölner Rundfunkorchesters unter der Leitung von Pinchas Steinberg.

Ich besitze drei Aufnahmen mit mehr oder weniger deckungsgleichem Inhalt. Die Aufnahme des Kölner Rundfunkorchesters versprüht einfach dieses Quentchen mehr Spielfreude, mehr Leichtigkeit. Noch nie habe ich die Rösser im „Sleigh Ride“ ihren Schlitten leichtfüßiger durch den Schnee ziehen lassen. „Typewriter“, „Sandpaper Ballet“, „Jazz Pizzicato“: Aus jeder Note erklingt Lebensfreude. 56 Minuten purer Musikspaß.

Besonders gut ist dem Orchester „The Waltzing Cat“ gelungen, die Walzer tanzende Katze. Wo andere Orchester im Niedlichen verweilen, entfachen die Kölner ein tierisches Gewusel, ein akustisches Feuerwerk. Und zum Schluss kommt die Überraschung. Das elegische „The Golden Year“ musiziert das Orchester mit genau der richtigen Prise Melancholie.

Leroy Andersons Musik sollte in keiner Musiksammlung fehlen. Sie malt ein Lächeln in den grauesten Himmel – selbst im gegenwärtigen Corona-Lockdown. „Blue Tango – Symphonic Pops by Leroy Anderson“ ist genau die richtige Einstiegsdroge.