Nach Jahren des Notebook-Gebrauchs wartete jüngst ein Desktop-PC bei mir auf ein Linux. Ein gebrauchter HP DC-5750 soll uns für einen kleinen Sturzflug durch aktuelle Linux-Distributionen. Zur Verfügung standen die aktuellen Distributionen von Debian, Linux Mint, Mandriva, PCLinuxOS und Ubuntu.

Unter dem Blechhäubchen des HP DC-5750 schlägt ein AMD-Athlon-Prozessor in 64 Bit. Zunächst disqualifizierte sich die 64-Bit-Edition von Ubuntu 10.04, danach die von Ubuntu 11.04. Die Netzwerkkarte erwies sich für das 64-Bit-Ubuntu als unüberwindliche Hürde. Ubuntu stellte keine Internetverbindung per Netzwerkkabel her. Merkwürdig.

64-Bit-Editionen scheiterten

Ubuntu 10.04 in der 32-Bit-Version gelang die Internetverbindung sofort. Wer also Probleme mit Linux in 64 Bit hat, sollte vielleicht einmal ausprobieren, ob die 32-Bit-Edition derselben Distibution vielleicht besser läuft. Auf den theoretischen Leistungsvorteil von 64 Bit müsste man dabei allerdings verzichten.

Ein neuer PC bietet eine schöne Gelegenheit, einigen aktuellen Linux-Distributionen einen Testlauf zu gönnen. Vorher möchte ich betonen: Keines der hier geschilderten Probleme bereitet einem erfahrenen Linux-Benutzer Kopfzerbrechen. Ich wende mich an Linux-Einsteiger. Die Ergebnisse:

1. Mandriva 2010.2
++ Unübertroffen einfache Installation, mit ein paar Mausklicks ist Mandriva auf der Platte. Selbst das manuelle Anlegen und Verwalten von Partitionen wirkt durchdacht und – soweit möglich – intuitiv.
++ Sehr durchdachte benutzerfreundliche Systemverwaltung. Mit dem Mandriva Control Center (MCC) kann sich vielleicht noch der Yast von Suse messen. Wer einen Ordner im heimnetzwerk freigeben will, muss nur eben das tun. Alles Nötige installiert Mandriva von selbst. Super!
++ Vollständige deutsche Sprachunterstützung.
0 Ordentliches Softwareangebot. Kein Vergleich zu Debian/Ubuntu.
–  Von meinen beiden HP-Druckern gelang nur die Installation des Oldtimers Laserjet 4L. Das Druckbild ließ sich aber nicht an die Seitengröße anpassen. Ein ebenfalls nicht mehr ganz taufrisches Multifunktionsgerät aus dem Hause HP verweigerte Mandriva komplett.

2. PCLinuxOS
++ Der Mandriva-Ableger ist Bit für Bit so benutzerfreundlich wie Mandriva selbst.
+  Beide Drucker sofort erkannt.
–  Dürftige deutsche Sprachunterstützung.

3. Debian
+ Riesenauswahl an Software.
+ Lückenlose deutsche Sprachunterstützung.
o Installation ist einfacher geworden. Trotzdem kein Vergleich zu Mandriva und PCLinuxOS.
– Wenig vorkonfiguriert. Wer Debian auf dem Notebook betreiben will, muss sich auf eine Suche nach Treibern für WLAN-Karten, Grafikkarten oder Webcams einstellen.
Systemverwaltung für Linux-Neulinge nur nach Einstiegslektüre.
– – Nach dem Einspielen der Sicherheitsupdates kappte Debian die Internetverbindung und stellte sie auch nicht mehr her.

Linux Mint 11
+ Sehr einfache Installation (eben ein Ubuntu-Ableger).
++ Riesen-Softwareauswahl
+ Gute deutsche Sprachunterstützung, aber nicht so vollständig übersetzt wie Mandriva und Debian.
++ Hat alle Drucker sofort erkannt.
+ Umfangreichere Tools zur Systemverwaltung als Ubuntu. Aber kein Vergleich zu Mandriva/PCLinuxOS.
0 Sehr gediegenes Design, aber auch sehr freie Auslegung des Gnome-Desktops.
– Nach dem einspielen der Benutzereinstellungen von meinem Notebook war der Desktop nahezu unbenutzbar.

Ubuntu 10.04 LTS
+ Ubuntu-typisch einfache Installation.
++ Debian-typisch riesige Softwareauswahl.
++ Erkannte beide Drucker.
– Systemverwaltung für Neulinge kaum intuitiver als bei Debian.
0 Ubuntu-typisch lückenhafte deutsche Übersetzung.

Fazit: Debian ist Debian …

Auf den Punkt gebracht: Debian ist Debian ist nichts für Leute, die viel Wert auf Komfort legen. Die Installation ist intuitiver geworden, aber im Gegensatz zu den anderen Linux-Distribution fängt bei Debian nach der Installation die Arbeit erst an.

…Mandriva eine Enttäuschung …

Mandriva ist eigentlich die ideale Einsteigerdistribution. Leider schwankt die Qualität der einzelnen Ausgaben. 2010.2 bringt es fertig, Drucker zu boykottieren, die selbst Debian einfach erkennt und korrekt einrichtet. Sehr traurig. Mit PCLinuxOS steht eine gute Alternative zur Verfügung. Das deutsche Repository bietet allerdings nur wenig Programmauswahl. Wer auf deutsche Sprachunterstützung keinen großen Wert legt, sollte PCLinuxOS eine Chance geben. Wir dürfen auf den jüngsten Mandriva-Ableger gespannt sein: Mageia.

… und Ubuntu läuft

Ubuntu läuft. Was es für Linux gibt, findet sich in den Paketquellen. Es könnte noch etwas lückenloser übersetzt sein. Auch könnte Ubuntu grafische Werkzeuge zur Systemverwaltung bieten. Dort setzt Linux Mint an. Für Linux-Einsteiger eignet sich der Ubuntu-Ableger Mint noch etwas besser als Ubuntu. Die grafische Systemverwaltung ist ein Schritt in die richtige Richtung. Leider geht Mint bei der Konfiguration des Gnome Desktop so eigene Wege, dass es mit vorhandenen Konfigurationen nicht viel anfangen kann. In meinem Fall zeigte sich der Desktop nahezu unbenutzbar.