Jetzt beginnt die Zeit der Volksfeste. Eine Zeit, in der die Lebens- und Gerstensäfte wieder steigen. Für RTL heute eine willkommene Gelegenheit, vor jugendlichem Komasaufen zu warnen. Die Krankenkassen verzeichnen immer mehr Jugendliche, die die Flasche erst in der Notaufnahme absetzen. Die Politik will Jugendlichen jetzt das Saufen unter 18 verbieten. Die Ordnungsmacht fürchtet jugendliche Halbliterstemmer, die noch furchtlos weiter trinken, wo Erwachsene zaghaft wanken.

Und gerade das ist wohl das Problem beim jugendlichen Komasaufen: Die Jugend säuft weiter, wo die Eltern sich schon erbrochen haben. Vergessen wir nicht: Die evangelischen Kirchen kämpfen jedes Jahr auf dem Lande einen aussichtslosen Kampf gegen den ersten Vollrausch. Auf dem Land gehört die Alkoholvergiftung zur Konfirmation wie die Oblate zum Abendmahl. Das ist seit Generationen so. Aussichtslos ist dieser Kampf deswegen, weil wir eine schleichende Alkoholisierung aller Lebensbereiche zugelassen haben. Wenn heutzutage ein Fußballturnier, ein Autorennen oder ein Skispringen zuende gegangen ist, dann gilt die zweite Frage an den Sieger, die zweite Anmerkung des Sportmoderators der abendlichen Getränkekarte. Etwa: „Da wird im Fahrerlager heute noch der eine oder andere Tropfen getrunken, oder?“

Gewinnen, Feiern, Trauern, Fernsehen, Lieben – alles fad ohne Alk. Eine versoffene Gesellschaft wie die unsere bekommt die Jugendlichen, die sie hervorbringt. Und die Jugendlichen? In einer Gesellschaft mit einer so mächtigen Fahne fordert die Abstinenz vom einzelnen ABC-Schützen deutlich mehr Charakterstärke als das Abitur.