Corona, Kurzarbeit und Herbst: Da ist endlich mal Zeit, um in alten Platten und Erinnerungen zu stöbern. Was ich dabei finde, will ich hier teilen. #Wiedergehört. Viel Spaß beim Neu- und Wiederhören.

In den Schulen der späten 1970er Jahre versuchte jeder Junge wie John Travolta auszusehen, und jedes Mädchen himmelte Smokie oder die Bay City Rollers an. Aber niemand himmelte „Alan Parsons Project“ an. Und niemand versuchte auszusehen, wie Alan Parsons. Kein Wunder. Der öffentlichkeitsscheue Soundtüftler, der dem Project den Namen gab, trat niemals in TV-Shows wie Disco auf. Es ging im Alan Parsons Project nicht um Äußerlichkeiten.

Genau das qualifizierte die Formation als Ikone der Nerds, zu denen auch ich damals zählte. Alan Parsons Project unterlief das Primat des Äußeren, unter dem auch wir damals litten. Das war etwas Rebellisches. Aber: Ohne rebellisch zu sein. Musikalisch war das Projekt 1976 auf „Tales of Mysteery and Imagination“ mit dramatischer Geste gestartet. Legendär das großorchestrale Finale des Albums, „The Fall of the House of Usher“. In den folgenden Jahren und Alben steuerte das Projekt durch immer seichtere Gewässer.

Was blieb, war die perfekte Produktion. Da hatte Alan Parsons einen Ruf zu verlieren. Immerhin hatte er für Pink Floyd die Alben „Atom Heart Mother“ und „The Dark Side of the Moon“ oder für Jon Miles den Bombast-Hit „Music“ gemischt. Das hatte ihm mehr Kritikerlob eingebracht als es seinerzeit für Tontechniker üblich war. Und auch in dieser Detailversessenheit steckte stets etwas Nerdiges.

1980 auf dem Album „The Turn of a Friendly Card“ war Alan Parsons Project nur noch ganz nett. Auch thematisch nahm man es nicht mehr so genau. Die Themen Glücksspiel respektive Glück und Verlust wirken auf „The Turn of a Friendly Card“ als lockere Klammer, um den Erwartungen des Publikums mit einem Konzeptalbum zu genügen. Heute liegt genau dieses Album öfter auf meinem Plattenteller als etwa das ambitionierte, aber auch etwas anstrengende „Tales of Mystery and Imagination. Eric Parsons und Eric Woolfson, die Köpfe hinter dem Projekt, hatten auf diesem Album ihre Experimente mit blubbernden Synthesizern endlich beerdigt. 1980 haftete dem Einsatz eines Synthis nichts Innovatives mehr an. „The Gold Bug“ klingt wie ein Nachhall jenerExperimente.

Insgesamt ist „The Turn of a Friendly Card“ ein musikalisch abwechslungsreiches Album, das nie anstrengend oder angestrengt daherkommt. Und schließlich debütiert Songschreiber Eric Woolfson in der Ballade „Time“ als Sänger. Und dieses schwülstige Stück Musik muss man gehört haben.