Das iPad muss schon ein tolles Ding sein. Wer seine Hand darauf legen durfte, schwärmt. Manchem raubt der Apple-Flachman sogar buchstäblich den Verstand. Beispiel gefällig? Aber bitte sehr:

Nehmen wir die Süddeutsche Zeitung. Dort widmet man dem iPad eine ganze Folge der Serie über die Zukunft des Journalismus. Mit einer ungewöhnlichen Dramaturgie. Niedergang des Journalismus? Kein Thema, schreiben die Autoren. Schließlich ist doch der Journalismus wie die Luft zum Atmen. Die schreibt man ja auch nicht ab, wenn es mal ein bisschen stinkt.

Wo der Journalismus stinkt, erzählen uns die Autoren nicht. Ebensowenig erfahren wir, warum der Journalismus oder meinetwegen die Luft zum Atmen mit dem iPad besser riecht. Stattdessen erfahren wir, dass Papier geduldig ist, der Leser aber nicht. Für die Einlassungen in unserem SZ-Artikel brauchen wir aber Geduld.

Zuerst erfahren wir noch, dass Papier ein Durchbruch für den Journalismus war, weil es praktischer ist als Steintafeln. Unglaublich! Ist die Zeitung die Steintafel im digitalen Zeitalter? Abwarten! Erst nach 5455 Zeichen (inklusive Leerzeichen) wird es dann technisch. Da geht es an den PC. Und dann flugs zum iPad. Denn das iPad macht den PC zur Steintafel des Apple-Zeitalters.

Warum? Ganz einfach: Mäuse, Tastaturen, Menüs und so weiter sind „zweidimensional” (Fragen Sie nicht. Nehmen Sie‘s hin). Ein PC ohne Maus und Tasten, dafür aber auch ohne jede Erweiterungsmöglichkeit, ohne USB-Anschluss und mit eingeschweißtem Akku, das ist die Zukunft. Er bietet dem Journalismus neue Möglichkeiten lesen wir. Weil man das iPad schütteln kann und in der U-Bahn beim Lesen in einer Hand halten kann.

Stimmt. Dazu eignet sich Muttis Tower PC nicht so gut. Und wer ein klobiges Multimedia-Notebook zur Rush Hour in der Berliner U-Bahn schüttelt, muss ganz sicher mit Schadenersatzforderungen rechnen. Dafür kommt er je nach Anzahl der Todesopfer in die Zeitung, oder auf den PC oder aufs iPad. Auf jeden Fall wird er Gegenstand des Journalismus.

Ach ja! Journalismus! Ging es nicht darum? Wie war das nochmal? Warum riecht Journalismus auf dem iPad besser? Weil man auf dem iPad mit journalistischen Texten Buchstabensuppe spielen kann? Eine entsprechende Apps fürs iPad vorausgesetzt?

Wirklich. Ganz bestimmt ein tolles Gerät, dieses iPad. Mit völlig neuen Möglichkeiten für den Qualitätsjournalismus. Meine Schuld, dass ich darauf bestehe auf digitalen Steintafeln zweidimensional zu lesen. Dafür hält sich der Flurschaden in der U-Bahn in Grenzen. Und ich kann sogar darauf schreiben. Das iPad verdammt mich zum passiven Konsum dessen, was mir andere vorsetzen. Was war nochmal die Steintafel?