Die Babyboommer und die Generation Z

Wir Alten haben geschuftet, damit es unseren Kindern besser geht. Wir finanzieren ihnen Führerscheine und Autos. Und was tun die undankbaren Bratzen? Kleben sich auf den Asphalt. Wir haben Ihnen Bildungsmöglichkeiten eröffnet, und jetzt kommen sie uns mit Klimastudien. Sie wechseln die Jobs schneller als die Zahnbürste und wollen wenn überhaupt nur noch vier Tage in der Woche arbeiten. Um es auf den Punkt zu bringen:

Die Schüler achten Lehrer und Erzieher gering. Überhaupt, die Jüngeren stellen sich den Älteren gleich und treten gegen sie auf, in Wort und Tat

Platon, 427-347 v. Chr.

Dass Pädagogen schon mehr als 2000 Jahre lang über ihre Schüler fluchen, mag überforderten Lehrkräften unserer Tage nur ein schwacher Trost sein. Als Generation sollten wir Babyboomer dennoch kurz innehalten und die Welt betrachten, die wir geschaffen haben:

Etwa 60 Prozent der Menschen in meinem (gleichaltrigen) persönlichen Umfeld zählen bereits die Tage bis zur Rente. Sie rechnen herum, wieviel Abschlag auf die Regelaltersrente noch hinnehmbar wäre, um vielleicht schon mit 62 oder 63 Jahren endlich dem verhassten Arbeitsplatz entfliehen zukönnen. Diese persönliche Beobachtung deckt sich mit den Ergebnissen einer Studie der Universität Wuppertal. Demnach streben 70 Prozent der Babyboomer den vorzeitigen Ausstieg aus dem Arbeitsleben an.

Wer unter uns die Jüngeren wegen deren mangelnder Hingabe an die Arbeit tadelt, sollte vor diesem Hintergrund also vielleicht seine eigene Arbeitsmoral hinterfragen. Hinzu kommen die Motive für die ersehnte Flucht aus der Erwerbsarbeit. In meiner persönlichen Umgebung werden mir typische Burnout-Warnzeichen geschildert. Man sieht keinen Sinn mehr in einer Arbeit, die einem null Wertschätzung bringt. Man lebt nur noch von Wochenende zu Wochenende.

Wir Babyboomer waren für lange Zeit die letzte Generation, die noch für den Job leben musste. Von uns gab es einfach so viele, dass jeder fürchten musste, jederzeit ersetzt werden zu können. Für den Job haben wir alles hintangestellt: Gesundheit, Freunde – und: Familie. Diejenigen, die zwischen der Aufopferung für Job und Karriere noch Zeit für eine Familie gefunden haben, setzten selten mehr als zwei Kinder in die Welt.

Unsere Familienplanung hat den Weg in den Arbeitskräftemangel geebnet. Wir Babyboomer haben die Grundlagen für die oft gescholtene Anspruchshaltung der Generation Z gelegt. Unsere Kinder und Kindeskinder können eine wertschätzende Arbeitswelt mit anständiger Bezahlung und einer gesunden Work-Life-Balance einfordern, weil wir auf all diese Dinge verzichtet haben.

Die Jungen zahlen uns all unsere Mühen zurück. Die Arbeitswelt, die sie schaffen, wird auch uns zugutekommen. Wenn die Vier-Tage-Woche sich durchgesetzt hat, wird sie dazu führen, dass auch wir Älteren vielleicht noch ein Jährchen länger im Erwerbsleben aushalten. Wollten wir nicht, dass es unseren Nachkommen einmal besser geht? Warum sollten wir ihnen das nun neiden?