Mail Clients auf dem Eeepc

Wenn es um kostenlose E-Mail-Clients geht, können wir Linux-User uns über mangelnde Auswahl wahrlich nicht beklagen. Wollen wir unsere E-Mails auf dem kleinen Eeepc 700/701 4G abrufen und das auch noch mit der bisweilen brüchigen Verbindung per Mobilfunk, dann wird die Auswahl kleiner.

Die Standardmailer von KDE (KMail) und Gnome (Evolution) wollte ich auf meinem kleinen Eeepc nicht probieren. KMail macht erst mit dem gesamten KDE-Desktop Sinn, und den mag ich einfach nicht. Evolution fällt schon sehr viel leistungsstärkeren Systemen zur Last. Mein Think Pad ächzt unter Thunderbird weit weniger als vorher unter Evolution. Zur Wahl standen: Balsa, Claws-Mail, Mozilla Thunderbird und Opera Mail.

Thunderbird

Thunderbird dürfte der bekannteste freie Mailer sein. Der Mail-Client aus dem Hause Mozilla braucht wenig Ressourcen, lässt sich als News-Reader verwenden und kann mit der Erweiterung Lightning sogar zum umfangreichen Mail-Kontakt-Kalender-Tool werden. Auf dem Eeepc braucht Thunderbird eine ganze Weile zum Starten, ruft dann aber in Windeseile die Mails ab. Ein Sonderlob verdiente sich Thunderbird, weil er sich am intuitivsten konfigurieren lässt. Und das tut Not: Ich kann beispielsweise auf dem 7″-Display auf die Nachrichtenansicht bequem verzichten. Sie lässt sich unter „Ansicht“ abschalten. Wichtig auch: Für mein IMAP-Konto müssen Entwurfs- und Ausgangsordner lokal liegen. Wenn ich unterwegs bin und die Funkverbindung abbricht, ist sonst die E-Mail futsch. Auch das sollte kaum einem erfahrenen Anwender Kopfzerbrechen bereiten. Etwas schwieriger fällt das Anlagen einer Signatur: Diese muss man erst in einer Textdatei schreiben und dann aus dem Thunderbird auf diese Datei verlinken. Liebe Mozillas, geht das nicht mittlerweile ein wenig komfortabler?

Opera Mail

Über den Opera-Browser auf dem Eeepc habe ich bereits ein Loblied gesungen. Er startet schneller als jeder Firefox und ermöglicht das Einpassen einer Website in die Breite des Bildschirms. Doch auch der Mail-Client kann überzeugen. Er las die E-Mails meines IMAP-Kontos am schnellsten ein. Ein echtes Alleinstellungsmerkmal: Opera-Mail lässt sich an schmale Bandbreiten anpassen. Dann lädt der Client keine Anhänge herunter und erneuert in der Ansicht lediglich die neu hinzu gekommenen Mails, liest aber die Liste nicht jedesmal neu ein. Wenn man unterwegs mit Netzabbrüchen und mit tranigen GPRS-Geschwindigkeiten kämpfen muss, kommt das gerade recht. Dafür ist es ein Albtraum, den Client zu personalisieren: Schnellantwort abschalten, Abschalten der Nachrichtenvorschau habe ich stundenlang vergeblich gesucht. Ein Kommentar zu diesem Beitrag schuf Klarheit. Mit fremder Hilfe geht Opera sehr gut. Zumindest in der kostenlosen Version lassen sich Mails nur mit Opera-Werbung darunter verschicken.

Claws-Mail

Claws-Mail ist aus dem Mail-Client Sylpheed-Claws hervorgegangen. Der Client ist wunderbar übersichtlich und reduziert sich aufs Wesentliche, lässt sich aber durch Plugins erweitern. Im Test verabschiedete sich Claws-Mail als erster Kandidat. Er brauchte ewig, um die Mails aus meinem IMAP-Konto einzulesen. Und das nicht nur einmal, sondern jedesmal. Wenn man dann auch noch Netzabbrüche durch Funklöcher den Abruf unterbrechen, dann wird der Mailabruf zur Geduldsprobe. Außerdem legt Claws-Mail keine lokalen Ordner an, wenn man ein IMAP-Konto anlegt. Entwurfsordner und Ausgangsordner stehen dann ausschließlich auf dem Server zur Verfügung. Da kann bei Netzabbruch unterwegs schon die eine oder andere E-Mail verloren gehen.

Balsa

Balsa ist ein schlanker Mail-Client für den Gnome-Desktop. Vom Konzept ähnelt er Claws-Mail. Wie dieser verwendet er den unter Linuxern beliebten Spam-Filter Bogofilter. Balsa liest die Mails aus meinem IMAP-Postfach jedoch deutlich schneller ein als Claws-Mail. Darin ähnelt er Thunderbird, kommt aber an Opera Mail nicht heran. Default sind Postausgang und Entwürfe auf lokale Ordner gelegt – auch bei einem IMAP-Postfach. Eine Mail, die im Ausgangsordner fest hing konnte ich jedoch nur durch Löschen beweitigen. Ein Vorteil: Wie Claws-Mail nervt Balsa seinen Besitzer nicht indem er den kleinen Bildschirm des Eeepc mit riesigen Buttons vollkleistert, wie das Opera tut. So stört bei Claws-Mail und Balsa die Nachrichtenvorschau kaum. Nettes Detail für alle Unterwegs-Mail-Leser, die einen Volumentarif abgeschlossen haben: Balsa informiert über den Datenumfang einer E-Mail, die zum Öffnen herunter geladen wird.

Fazit

Mein Favorit bleibt Thunderbird. Spam Markieren geht nur mit Opera so intuitiv wie mit Thunderbird. Im Gegensatz zu diesem, fällt aber auch die Personalisierung sehr einfach. Wer ein Netbook mit 9″- oder 10″-Zolldisplay benutzt, kann seinen Thunderbird auch um den Kalender Lightning erweitern und damit Personal Information Manager (PIM) einrichten, der es in den meisten Bereichen mit dem Industriestandard Microsoft Outlook aufnehmen kann. In der Bedienung erwies sich Thunderbird als der ausgereifteste Mail-Client im Test.

Platz 2: Opera Mail. Aus praktischen Gründen gehört ein Opera-Browser auf den Eeepc. Das macht der Mail-Client des Browsers klar. Wie der Browser glänzt Opera Mail mit Schnelligkeit im Handling. Außerdem erwies er sich besser als alle anderen Clients den Fährnissen des mobilen Mailgenusses gewachsen.Wenn die Norweger jetzt noch die Menüs vereinfachen würden…

Den dritten Platz eroberte sich Balsa. Der „kleine“ Mail-Client für den Gnome-Desktop startet schnell, lädt E-Mail vertretbar schnell herunter und informiert seinen Besitzer darüber, wieviel Cent beim Handy-Volumentarif gerade durchrasseln. Balsa lässt sich leichter an die Bedürfnisse anpassen als Opera Mail. Mit der intuitiven Bedienungsfreundlichkeit von Thunderbird kann er sich nicht messen.

Mit Claws-Mail konnte ich überhaupt nichts anfangen. Das Programm schont zwar Ressourcen, animiert seinen Besitzer aber beim mobilen E-Mailempfang und -versand immer wieder zu Wutanfällen.

Kategorien: Ansichtssache, Tux Area

3 Kommentare

  1. @Opera Mail

    o Schnellantworet ausschalten: Im Mailtab auf Ansicht und Haken vor „Schnellantwortfeld zeigen“ entfernen
    o Vorschau ausschalten: einfach mal „i“ auf der Tastatur drücken oder auch bei „Ansicht“ ändern
    o „Letzter Kritikpunkt: Zumindest in der freien Version lassen sich Mails nur mit Opera-Werbung darunter verschicken.“: Es gibt keine (un)freie Version. Um den Text wegzubekommen einfach die Signatur ändern (Rechtsklick auf „E-Mail für …“ dann Eigenschaften – Postausgang – Signatur bearbeiten)

    (Wenn „Ansicht“ fehlt, dann kann man auch auf der Leiste, wo Antworten,… steht rechts klicken und die „Leiste anpassen“)

  2. Schöner Artikel, ich habe vorm lesen auf Thunderbird getippt, als nummer 1. Dein Fazit gab mir recht. Ich muss sagen, das ich einen anderen Dienst auch noch gar nicht ausprobiert habe.

  3. Wolff von Rechenberg

    23. November 2010 — 14:17

    Vielen Dank für das Lob.

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