Zuletzt aktualisiert am 29. September 2025 von Wolff von Rechenberg
1. SEO, GEO und das Maul des Krokodils
Die Zahlen aus der Google Search Console formulieren eine deutliche Warnung: Mehr Seitenaufrufe, weniger Klicks. Dieses sogenannte „Krokodilmaul“ ist nicht einfach eine Kurve. Es markiert das Ende einer Ära.

25 Jahre lang hat SEO (Search Engine Optimization = Suchmaschinenoptimierung) Klickpfade gebahnt, auf denen Kund:innen auf der Suche nach Antworten oder Lösungen auf die Webseiten von Unternehmen gelangen. KI-Systeme durchkreuzen diese Klickpfade indem sie für den Nutzer oder die Nutzerin
- Inhalte lesen,
- bewerten und
- in Antworten zusammenführen.
Was bedeutet das für Dienstleister, Onlineshops und Medien, die mit gezielter Suchmaschinenoptimierung in den Suchergebnissen von Google um Top-Platzierungen und damit um die Aufmerksamkeit der Suchenden ringen? Ist SEO tot?
2. Von SEO zu GEO: Die Zeit drängt
Auf die Frage nach den Zukunftsaussichten von SEO gibt es zwei mögliche Antworten:
- SEO ist tot! Selbst Google setzt auf KI-Antworten. Darum sollten Unternehmen sich voll auf GEO konzentrieren, die Optimierung für KI-Tools.
- KI wird Google nicht verdrängen, sondern um neue Möglichkeiten erweitern. Deshalb sollten Unternehmen ihre SEO-Strategie anpassen und GEO-Prinzipien einbeziehen. Dafür spricht, dass Menschen vor wichtigen Entscheidungen immer noch Originalquellen heranziehen.
Wichtig: Egal auf welche Prognose sich SEO-Expert:innen Marketer und Unternehmen stützen: Sie müssen Sich JETZT mit GEO befassen (Generative Engine Optimization = KI-Optimierung). Denn fest steht:
- Die Suche nach Informationen verändert sich schnell. Und: Sie tut es jetzt. Nicht nächste Woche oder im neuen Jahr.
- KI wird einen großen, wenn nicht sogar den größten Teil unserer Interaktionen online übernehmen. Dieser Wandel vollzieht sich im Augenblick.
3. Google vs. ChatGPT & Co.
Schauen wir uns gemeinsam die Unterschiede zwischen der Suche mit einer Suchmaschine oder mit einer KI.
Aspekt | Google-Suche | KI-Suche (z. B. ChatGPT, Perplexity) |
Funktionsweise | Indexiert Webseiten, bewertet Inhalte mit Such-Algorithmen (z. B. PageRank, SEO-Signale, E-E-A-T). | Greift auf riesige Textmengen zurück, sogenannte Trainingsdaten. Sie „formuliert“ Antworten direkt, oft ohne konkrete Quellenangabe. |
Ergebnisdarstellung | Liste von Links, Snippets, Knowledge Panels und Anzeigen — Nutzer:innen prüfen und wählen ihre Quellen selbst. | Zusammengefasste, umgangssprachliche Antworten, oft direkt nutzbar, manchmal ohne klare Quellenangabe. |
Rolle des Nutzers | Formuliert Suchbegriffe (Keywords) und filtert/sichtet die Treffer der Suchmaschine eigenständig. | Formuliert einen Prompt. Die KI interpretiert den Prompt und liefert eine Antwort. Dadurch entfallen oft weitere Rechercheschritte. |
Geschwindigkeit & Tiefe | Schnell beim Finden von Dokumenten. Tiefere Einordnung erfordert Sichtung und Vergleich der Suchhinweise. | Schnelle, mehr oder weniger ausführliche Antworten, die jedoch Halluzinationen oder Auslassungen enthalten. |
Aktualität | Sehr aktuell durch kontinuierliches Crawling. | Hängt von der Aktualität der Trainingsdaten ab. Einige KI-Angebote gleichen das durch Live-Suche aus (Gemini, Perplexity, ChatGPT mit Webzugriff. |
Transparenz | Man sieht, woher Informationen stammen (URLs, Publisher, Autoren): Leicht nachzuprüfen. | Quellenangaben fehlen oder sind können unvollständig sein. Darunter kann die Nachvollziehbarkeit leiden. |
Bias & Ranking-Treiber | Beeinflussbar durch SEO-Anreize und Werbeplatzierungen. | Beeinflusst durch zugrundeliegende Trainingsdaten, Modell-Design und Feintuning. |
Rolle im Alltag | Navigator zu Produkten, Dienstleistungen, Quellen und Dokumenten. | Assistent für schnelle Zusammenfassungen, Entwürfe oder Ideenfindung. Zunehmend als Agent für komplexe Abläufe (Shopping, Reisebuchung etc.) |
Der wesentliche Unterschied zwischen Suchmaschine und KI liegt in der unterschiedlichen Nutzung durch Anwender:innen. Während wir der Suchmaschine nur einige Stichworte (Keywords) mitgeben, teilen wir mit der KI viel mehr Kontext. Vor allem, wenn wir die Spracheingabe verwenden. Im Schnitt falle ein Prompt in der KI um das 30 fache länger aus als die Eingabe in eine Suchmaschine, erklärt der Organic Growth Advisor Kevin Indig unter Berufung auf Studien aus den USA und Großbritannien.
4. Unterschiede SEO vs. GEO
Welche neuen Akzente müssen Unternehmen bei der Optimierung ihrer Inhalte setzen? An welche SEO-Qualitäten können Sie vielleicht sogar anknüpfen? Schauen wir uns zunächst die Unterschiede zwischen SEO (Optimierung für Suchmaschinen) und GEO (Optimierung für KI-Suche) an:
Aspekt | SEO (Google etc.) | GEO (KI-Suche) |
---|---|---|
Zielsystem | Suchmaschinen-Index & Algorithmus | Sprachmodelle & Antwortsysteme |
Ranking-Faktoren | Keywords, Backlinks, technische SEO | Quellenqualität, Autorität, semantische Klarheit |
Output | Ergebnisliste mit Links | Direkte Antwort, evtl. mit Quellenangabe |
Content-Fokus | Keyword-Dichte, Struktur (H-Tags, Meta, Snippets) | Verständliche, faktenbasierte Inhalte, leicht erfassbar und zitierbar (Gliederung, struktur). Multi-Modalität (Text, Bild, Video etc. nebeneinander). |
Messbarkeit | Sichtbarkeit, Klicks, Ranking | Zitierungen und Erwähnungen, weniger quantifizierbar. |
Strategisches Ziel | Nutzer:innen auf die eigene Website bringen. | Als vertrauenswürdige Quelle auftreten, um in KI-Antworten zitiert/erwähnt zu werden. |
Suchmaschine und KI verfolgen auf unterschiedlichen Wegen dasselbe Ziel: Informativen, verlässlichen Content finden. Schon wegen des Mehr an Kontext suchen KI-Tools nicht nach Keywords. Sie erfassen Zusammenhänge, bewerten und verarbeiten sie.
5. Parallelen zwischen SEO und GEO
5.1. EEAT: Glaubwürdigkeit für SEO und GEO
Die Übersicht zeigt einige Parallelen: Wenn KI eine Seite in einer Antwort verlinkt oder zitiert, hat sie vorher die Glaubwürdigkeit der Seite geprüft. Diesen Faktor prüft auch Google. Der Page Rank entscheidet über die Chance einer Website, auf den ersten Plätzen der Suchergebnisse gelistet zu werden.
Die Formel für Glaubwürdigkeit fassen SEO-Experten mit den Buchstaben E-E-A-T zusammen:
- Experience (Erfahrung
- Expertise
- Authority (Autorität)
- Trustworthiness (Vertrauenswürdigkeit)
All diese Faktoren spielen eine Rolle sowohl für die Bewertung durch Google als auch für die Quellenauswahl durch KI. Allerdings mit einigen Unterschieden:
- Der Algorithmus von Google stuft EEAT direkt als Rankingfaktor ein.
- KI bewertet die Glaubwürdigkeit einer Quelle insgesamt nach Konsistenz und Glaubwürdigkeit, nicht nach deren Ranking.
- KI nutzt also EEAT als Filter, um Falschinformationen zu vermeiden.
EEAT zusammengefasst
- SEO-EEAT = Sichtbarkeit über technische und inhaltliche Signale.
- GEO-EEAT = Glaubwürdigkeit durch Konsistenz, Qualität und Zitierfähigkeit.
5.2. Brand Mentions und Brand Sentiment
Wie bewerten Google oder KI die Glaubwürdigkeit einer Website? Beide Werkzeuge berücksichtigen Verweise von anderen Seiten auf die Website:
- Google bewertet Backlinks von gut rankenden Seiten mit hoher Glaubwürdigkeit als Indiz für die Glaubwürdigkeit der betreffenden Seite selbst und wertet deren Page Rank auf.
- KI zieht einen breiteren Fundus von externen Quellen heran: Bewertungen in Foren, Erwähnungen auf Youtube oder Äußerungen auf Reddit. Dabei spielt es keine Rolle, ob andere Quellen auf das betreffende Unternehmen und seine Webite mit einem Link verweisen.
Die KI bewertet die Gesamtwahrnehmung einer Marke (Brand Sentiment).
5.3. Aktualität
Google und KI belohnen Aktualität.
- Google prüft Content nicht nur nach den EEAT-Kriterien, auch das Datum der letzten Aktualisierung geht in die Bewertung durch den Algorithmus ein.
- KI bewertet aktuellen Content als relevanter.
Hintergrund: Jedes große Sprachmodell (Large Language Model, LLM) wird mit riesigen Datenbeständen trainiert. Viele LLMs ziehen zur Beantwortung einer Frage zunächst auf diese Trainingsdaten zurück. Suchen LLMs online nach Quellen, werden sie logischerweise Inhalte bevorzugen, die aktueller sind als die Trainingsdaten.
6. Ziele einer erfolgreichen Content-Strategie
KI sucht für Nutzer:innen interessanten, nützlichen Content. Dasselbe Ziel verfolgt Google seit fast 30 Jahren. Wer solchen Content produziert, wird auch die KI überzeugen. Allerdings will der gute Ruf in KI-Modellen härter verdient sein.
Eine erfolgreiche Content-Strategie muss folgende Ziele verfolgen:
- Hochwertigen (!) Content schaffen, der ein Problem der Zielgruppe abschließend beantwortet. Es geht nicht um eine relmäßige Abfolge von kompakten Blogbeiträgen. Für KI zählt allein die Qualität des Textes, nicht die Keyworddichte.
- Content gut strukturieren durch Zwischenüberschriften, Aufzählungen, Tabellen und Abbildungen. Alles, was dem Leser hilft, einen Text zu erfassen, hilft auch der KI.
- Content Lifecycle Management. Wichtiger Content sollte regelmäßig aktualisiert werden. Einige Content Management Systeme (CMS) bieten die Möglichkeit, Aktualisierungen für Inhalte zu terminieren. Veralteten, nicht mehr relevanten Content entfernen!
- Off-Site-Präsenz ausbauen. Erwähnungen in anderen Kanälen (Social Media, Youtube, Reddit etc.) stärken die Marke in der KI-Suche. Journalisten und seriöse Medien stärken das Ansehen einer Marke enorm. Unternehmen sollten versuchen, diese Gruppe anzusprechen.
Google-Suchkriterien: Übersicht (PDF)
Growth-Memos von Kevin Indig
KI eingesetzt für:
- Visual
- Beispielabbildung
- Strukturierung
- Code für Tabellen
- Korrektur
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