Am heutigen 16. Januar vor 30 Jahren lief die erste Folge von „Star Trek: Voyager“ im US-Fernsehen. Eine Serie, die ihrer Zeit um Jahre voraus war. Damit waren die Macher übrfordert, und das sieht man dem Ergebnis an.

Sternzeit 48038.5: Das Raumschiff Voyager erlässt das Dock und bricht nach einem Zwischenstopp an der Raumstation Deep Space 9 zu einer Mission zu den Badlands auf. Wo auch immer das ist. Captain Kathryn Janeway (Kate Mulgrew) und ihre Crew werden von einem Wesen namens “Fürsorger” in den Delta Quadranten versetzt, am anderen Ende der Galaxie. 70 Jahre wird die Heimreise dauern, erfahren wir. So beginnt eine Mission, die ihrer Zeit weit – zu weit – voraus war.

Die Produzenten Rick Berman und Michael Piller hatten schon vorher in der Serie Deep Space 9 zusammenhängende Handlungen über mehrere Folgen erzählt. Mit Star Trek: Voyager betraten sie 1995 TV Neuland. Die sieben Staffeln Voyager erzählten eine durchgängige Handlung. Die Voyager flog nicht nur inhaltlich dorthin, wo noch nie ein Mensch gewesen ist. Sie startete in ein Genre, das noch nie zuvor ein TV Produzent betreten hatte. Und das sieht man der Serie an.

Netflix Serie ohne Netflix

Der Erfolg für diese neue Art von Serien kam erst 15 Jahre später mit “Breaking Bad”, “Game of Thrones” oder “The Wa?king Dead”. Und erst 20 Jahre nach dem Start der Voyager bot der Streamingdienst Netflix ein Medium, mit dem man nicht mehr nur einzelne Folgen einer Serie konsumierte, sondern ganze Staffeln wegsuchtete. Das “Bingen” war geboren. 

1995 gab es somit eine Netflix Serie ohne Netflix. Vielleicht wagten die Produzenten Berman, Piller und Jeri Taylor deshalb noch nicht, sich von der Häppchenkultur der damals üblichen TV Serien zu trennen. Vielleicht wäre ihnen die Vorstellung einer Serie ohne Happy End am Ende einer jeden Folge aber auch zu wahnwitzig erschienen. Wenn wir die Abenteuer der Voyager heute bingen, ärgern wir uns darüber, dass das Raumschiff gefühlt mit angezogener Handbremse fliegt. Damals ärgerte man sich, dass man nicht an einer beliebigen Stelle einsteigen konnte (Wer oder was ist eigentlich dieser Maquis?).

Neue Wege in der Charakterentwicklung

Neue Wege gingen Rick Berman und sein Team auch in der Entwicklung ihrer Charaktere. So darf das Medizinische Notfallprogramm, der legendäre Holo-Doc, eine menschliche Persönlichkeit entwickeln. Ab der vierten Staffel nahm die Entwicklung der Charaktere weiter Fahrt auf. Die Resozialisierung der ehemaligen Borg Drohne Seven of Nine (Jeri Ryan) drängte das Bestehen von einzelnen 45-Minuten Abenteuern endgültig in den Hintergrund. 

Die Vielschichtigkeit dieser Charaktere setzte Maßstäbe für das gesamte Franchise: Nach Tuvok (Tim Russ) konnte ein Vulkanier nie wieder der knuffig-kauzige Stoiker mit Spitzohren und Superkräften sein, als den ihn einst Leonard Nimoy als Spock erfand. Die Crew der Voyager hadert oft mit den Entscheidungen von Captain Janeway. Es kommt zu Verrat und sogar zu einem eiskalten Mord. Auch hier verschenkten die Produzenten viel Potenzial. Aber vergessen wir nicht: Berman, Piller und Taylor bewegten sich auf absolutem Neuland. 

Volle Kraft voraus ab Staffel 4

Es dauerte bis zum Ende der dritten Staffel, bis die Produzenten sich entschlossener und routinierter in ihrer neuen Erzählweise bewegten. In den letzten drei Staffeln (4 bis 7) taucht die Voyager über etliche Folgen in die Lebenswelt der Borg ein und trifft mit Spezies 8472 einen noch tödlicheren Feind. Auch hier nimmt die Serie epische Schlachten aus künftigen Serien vorweg, etwa den Kampf gegen die Xindi in der Nachfolgeserie “StarTrek: The Enterprise”. Andererseits sollten wir uns daran freuen, dass die Produzenten damals noch nicht den Mut hatten, beliebte Hauptpersonen grausam ums Leben zu bringen.

Wer Star Trek: Voyager bisher nie am Stück genossen hat, sollte das jetzt, zum 30. Geburtstag nachholen. Denn jetzt haben wir Streamingplattformen, die dieser Serie gerecht werden. Die Voyager zieht ihre Bahn derzeit auf Netflix und auf Paramount+. 

Abb.: Wallpaper: Star Trek Voyager by Deviantart/1darthvader