Für einen digitalen Vagabunden wie mich ist das wie Weihnachten: Das übernächste Ubuntu 8.10 (Intrepid Ibex) wird den mobilen Zugang zum Internet „über unterschiedliche Zugangsarten“ ermöglichen. Silicon.de überbringt uns die frohe Botschaft von Ubuntu-Mastermind Mark Shuttleworth. Das hört sich endlich nach GPRS oder UMTS ohne Verrenkungen an. Für Linux wäre das ein Durchbruch.
Autor: Wolff von Rechenberg
Vergiftetes Open Windows
Microsoft will beträchtliche Teile seiner Software Produkte offenlegen. Von einer Strategiewende spricht der Konzern selbst. Man wolle in Zukunft offene Standards akzeptieren und stärker auf die Bedürfnisse der Anwender Rücksicht nehmen. Die Ankündigung hat das Zeug zur Sensation, wenn es nicht bei der Ankündigung bleibt, meint unter anderem die Europäische Kommission. In Brüssel erinnert man sich an vier ähnlich lautende Ankündigungen der Redmonder, ohne dass den Worten taten gefolgt waren. Nüchtern nimmt es auch die Konkurrenz auf. Donatus Schmidt von Sun Microsystems Deutschland sagte der ORF-Futurezone, bisher sei nicht mehr offen gelegt als die EU-Kommission gefordert hätte.
Noch kritischer sollte die Open-Source-Bewegung die neue Offenheit im Hause Microsoft betrachten. Noch zum Jahreswechsel hatte Microsoft-Boss Steve Balmer gegen Linux gewettert. Das freie Betriebssystem verletze Hunderte von Microsoft-Patenten. Linux-Anwender mussten fürchten, in Handschellen abgeführt zu werden, wenn Balmers Büttel herausbekommen, dass der Pinguin auf dem heimischen PC Quartier bezogen hat.
Bisher war Microsoft nicht in der Lage, auch nur ein einziges Windows-Patent zu nennen, das von Linux verletzt wird. Das könnte sich nun ändern. Interoperabilität ist eine feine Sache. Wer aber vergisst, dass durch die 32.000 oder gar 60.000 Seiten Domumentation, die Microsoft ins Netz stellen will, aus Windows noch kein Open Windows wird. Wenn die Linux-Community nicht mächtig aufpasst, dann könnte sich die Charme-Offensive von Microsoft als vergiftet herausstellen. Dann wird im nächsten Jahr Balmer seinen Hasstiraden ein paar konkrete Patentverletzungen hinzufügen können.
„Erfahrungen muss man sammeln wie Pilze. Stück für Stück und mit dem Gefühl, dass sie nicht ganz geheuer sind.“ (John F. Kennedy)
Klemperer 6: Eintritt in die Rechtlosigkeit
Dass das neue Regime nichts Gutes für ihn bereit hält, spürt der Jude Victor Klemperer von Beginn an.
„Im nächsten Semester wird die Leere des Hörsaals noch gähnender werden. Man würgt immer mehr ab.“ (Klemperer, 21. Februar 1933, nachmittags)
So schreibt Klemperer am 21. Februar 1933 in sein Tagebuch. Ab dem 10. März beginnt er, um seine Stelle zu fürchten. Nicht zu unrecht, denn am 20. März erwähnt er Berufsverbote für jüdische Anwälte in Breslau. Wohlgemerkt: Dies alles vollzieht sich bevor sich im Reichstag die Hände zur Zustimmung zum Ermächtigungsgesetz heben werden.
Am 10. April kommentiert Klemperer das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums:
„Diese entsetzliche Stimmung des ‚Hurra, ich lebe‘. Das neue Beamten-‚Gesetz‘ lässt mich als Frontkämpfer im Amt – wahrscheinlich wenigstens und vorläufig… Aber ringsum Hetze, Elend, zitternde Angst.“ (Klemperer, 10. April 1933)
Auch hier fällt auf, dass die eigentliche Ungeheuerlichkeit des Gesetzes, der pauschale Ausschluss aller „Nichtarier“ von der Beamtenlaufbahn, keine Erwähnung findet. Die Opfer, so könnte man schließen, haben sich in den neuen Staat ebenso schnell gefügt wie die Täter oder die Mitläufer.
Schilderungen von Ungerechtigkeiten (Pogrome, Boykotte) lassen allerdings ahnen, welche Angst im Reich geherrscht haben muss. Weiterlesen
Zwerge mit Bank
Raubritter nennt der stämmige Klassenkämpfer aus der Pfalz die Liechtensteiner. Doch ob Steueroase oder Raubritterburg. Die Zeit hat die kleinen Paradiese der Vermögenden zu einen heiteren Spaziergang zusammengetragen. Wussten Sie eigentlich, dass die 35.000 Liechtensteiner die unglaubliche Zahl von 80.000 bis 100.000 Briefkastenfirmen beherbergen?
Victor Klemperer 5: Niedergang des Rechtsstaats
„Gestern ‚im Auftrag der NS-Partei‘ – nicht einmal dem Namen nach im Regierungsauftrag – der Dramatiker Karl Wolff entlassen, heute das ganze sächsische Ministerium usw. usw.“ (Klemperer, Bd. 1, S. 9)
Am 10. März 1933, einem Freitag, notiert Victor Klemperer erstmals einen konkreten politischen Vorfall. Ein Dramatiker wird im Namen einer Partei entlassen, nicht im Namen einer dazu befugten legalen Institution. Dieser Vorfall ereignete sich nicht nach einem langen Siechtum eines sich wehrenden Rechtsstaats, sondern nur 39 Tage nach der so genannten Machterfreifung.
Der Rechtsstaat nahm es passiv hin, und Klemperer protokolliert den Vollzug der Machtergreifung im Alltag: Weiterlesen