Kategorie: Ansichtssache

Die Welt aus meiner Sicht

Pasta ohne Pups

Michael Ballack stürmt vor, umspielt zwei, drei gegnerische Mittelfeldler, stoppt, holt aus zum präzisen Pass auf Kloses Föhnwelle, da passiert es: Dem Gesäß des Superstars entweicht ein Pups, der Darm drückt, die Flanke geht – nun ja – in die Hose. Wer Weltmeister wird, entscheidet sich – auch – in der Küche. Denn nicht nur die Schweden, sondern auch die Flatulenzen können den deutschen Kickern im heutigen Achtelfinale Probleme bereiten. Der Italiener Saverio Pugliese bekocht die deutsche Nationalelf. Er pellt sogar die Tomaten, damit alle Energie in Schenkel und Wade strömen kann. Schließlich hat der Fußballer besseres zu tun als rote Zellulose zu verdauen. Der Stern hat dem Überläufer aus dem Land der Pasta ein schönes publizistisches Denkmal gesetzt.

Stell‘ dir vor, es gibt Wal und keiner beißt rein

Japan sei nun einmal eine Nation der Walesser, begründet die japanische Regierung ihre jüngste Offensive gegen das internationale Walfangverbot. Dabei, so hieß es heute in einer Reportage im Deutschlandfunk, verzehrte jeder Japaner im vergangenen Jahr nur 30 Gramm Walfleisch – ein verdammt kleines Stückchen Sushi. Am Preis könne es nicht liegen, hieß es im Deutschlandfunk weiter, Muskelfleisch von Moby Dick kostet im Supermarkt heute kaum mehr als Rindfleisch. Der Grund: Japan hat in den vergangenen Jahren immer mehr Wale gejagt – zu wissenschaftlichen Zwecken – und deren Fleisch auf den Markt gebracht. Ein Vorgehen, das von der internationalen Walfangkommission ausdrücklich erwünscht wird. Doch die Japaner essen einfach kein Walfleisch. Jetzt will die Regierung gar eine Werbeoffensive starten, um die Landsleute wieder auf den Geschmack zu bringen.

Die Auseinandersetzung Japan gegen den Rest der Welt lässt sich also auf die Formel reduzieren: Nationalismus gegen Öko-Imperialismus.

Überleben dank Dörrobst

Sie sind Soldat und wollen nicht in den Kongo? Nichts einfacher als das: Schieben sich Dörrobst in den Anus. Genau das haben wir uns unter den „entwürdigenden Ritualen“ vorstellen, mit denen Unteroffiziere bei einer Falschirmjägereinheit der Bundeswehr „aufgenommen“ werden. Spiegel-Online schildert uns das sehr detailliert. Ein Oberstleutnant Christian von Platen soll laut Spiegel gesagt haben, der momentane Sachstand mache bereits deutlich, dass bei dem Aufnahmeritual für Unteroffiziere, „das gesunde Maß bei weitem überschritten wurde“. Was wäre das gesunde Maß? Frischobst statt Dörrobst? Es deute aber alles darauf hin, dass bei den obszönen Praktiken kein Zwang oder Gewalt ausgeübt wurde, sondern die Teilnehmer freiwillig handelten, soll der Offizier weiter ausgeführt haben. Nun ja, eh man auf einem Stück Seife ausrutscht…

Jedenfalls soll die betreffende Einheit nun nicht wie geplant im Kongo eingesetzt werden. Das rettet den Übeltätern vermutlich das Leben und bestraft die Untadeligen.

Zurück in die Kleinstaaterei

Die Koalition hat sich geeinigt: Die Föderalismusreform kommt. Das bedeutet: Keine bundesweite Anerkennung von Schulabschlüssen mehr, und über die rote Ampel fahren wird von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich teuer. Man fragt sich, warum Bismarck in zwei blutigen Kriegen das Reich einigen musste, wenn wir 150 Jahre später wieder zur Kleinstaaterei übergehen. Nicht wegen großer Anliegen, sondern wegen kleinlicher Wahlkampfrethorik von aufgeblasenen Provinzfürsten. Die Politik hat längst erkannt, dass die Probleme unserer Zeit nicht auf nationaler Ebene gelöst werden können, also probieren wir’s einfach mal auf subnationaler Ebene. Hoffentlich hält die Umwelt noch eine Weile durch, bis alle 16 Bundesländer das Kyoto-Protokell ratifiziert haben. Todesstrafe? Kein Problem! Die Bundesländer finden sicher noch einen Weg, auch in Verfassungsfragen Bundesrecht auszuhebeln. Aber wenigstens reden dafür die Bundesländer nicht mehr dazwischen, wenn die Bundesregierung den X-ten Anhang zur Straßenverkehrsordnung (Befestigung von Sitzgelegenheiten auf landwirtschaftlichen Nutzfahrzeugen) verabschieden will. Die Bundespolitik rückt ein Stück weiter weg vom Bürger und mit ihr die Vernunft.

Favoritensterben

Eigentlich sollte dieser Blog fußballfrei bleiben. Aber die Ereignisse der zurückliegenden Woche fordern Opfer. Einer der größten Fußballer aller Zeiten hat gestern gegen Südkorea höchstwahrscheinlich ein unrühmliches letztes Spiel gemacht. Zinedine Zidane hat die zweite gelbe Karte gezogen, viele Zweikämpfe verloren und selten geglänzt. Frankreich ging in der ersten halbzeit in Führung und kickte dann nur noch vor sich hin. In der 80. Minute erzielten die Koreaner den Ausgleich. Anschließend versuchten die Franzosen mit der Brechstange das Siegtor herbeizuführen – erfolglos. Frankreich befindet sich damit in guter Gesellschaft: Auch die Brasilianer sind nur noch ein Schatten ihrer selbst, und selbst den Italienern droht nach ihrem Unentschieden gegen die USA die vorzeitige Heimreise. England ist wahrscheinlich durch, hat aber Fußball zum Abgewöhnen gezeigt und war für den Auftaktsieg auf ein Eigentor von Paraguay angewiesen. Auch für Fußballer wie Ronaldo (Brasilien) oder Totti (Italien) ist diese WM höchstwahrscheinlich die letzte. Wohl keiner von denen hat die Herzen der Fußballfans so erobert wie Zidane, der bescheidene Fußballmillionär. Er hätte einen besseren Abschied verdient.

Copyright © 2025 Wolff von Rechenberg

Theme von Anders Norén↑ ↑