black_mondayManche Bücher sind so gut, dass man dem Autor auf jeder Seite danken möchte, dass er der Welt genau dieses Buch geschenkt hat. Dafür sind manche Bücher so schlecht, dass man sie dem Autor um die Ohren hauen möchte. Einige wenige sind beides. Sie stürzen den Leser in ein Wechselbad der Gefühle. Zu diesen Büchern zählt „Black Monday“.

Gutmenschen, so platt wie Eierkuchen

Fangen wir mit den Schwächen an: Greg Gerard ist ein Held. Ein geläuterter Straßenjunge, der sich zu einem brillianten Virologen entwickelte. Ein richtiger amerikanischer Gutmensch. Familienvater, Christ, stets besorgt um das Wohlergehen anderer. Ein Charakter so platt wie ein Eierkuchen und genauso fad.

Doktor Gerard steht in „Black Monday“ einem besonders heimtückischen Virus gegenüber. Aber nicht Typhus, Aids oder Schweinegrippe verbreitet die Mikrobe Delta-3. Sie rafft nicht Millionen Menschen dahin. sie macht Erdöl und Erdölprodukte unbrauchbar.

Ohne Öl reißt der Firnis Zivilisation

Hier sind wir bei den starken Seiten des Buches. R. Scott Reiss hat nicht nur eine überaus originelle Bedrohung der Menschheit erfunden. Er beschreibt auch beängstigend greifbar, wie das hochtechnisierte Amerika von der Zvilisation in die Barbarei fällt. Und vor allem: wie schnell! Innerhalb von Tagen reißt der dünne Firnis der Kultiviertheit auf. Prostitution, Mord und Kannibalismus etablieren sich innerhalb von Tagen als völlig normale Techniken zum Nahrungserwerb. Ganze Straßenzüge bilden regelrechte Wagenburgen im Überlebenskampf.

Erschreckend dabei die zwingende Logik des Buches. Reiss malt uns in „Black Monday“ den Untergang der Zivilisation nicht als Drohung aus. Er beschreibt uns diesen Untergang von Moral und Mitmenschlichkeit als Tatsache aus, die sich unweigerlich einstellen wird, wenn das schwarze Blut unserer Gesellschaft plötzlich vergiftet ist.

Auf die Horrorvision sollte man sich eingelassen haben

Auf diese Horrorvision sollte man eingelassen haben. Und man sollte daran denken, dass im wirklichen Leben alles nur noch schlimmer wäre. Denn Reiss erspart uns allzu tiefe Blicke in die Abgründe der menschlichen Seele. Bei ihm bleiben die Guten gut und die Bösen erhalten ihre gerechte Strafe.

Also: Lesen, sich gruseln und dem Autor erst danach und nur bildlich gesprochen das Buch um die Ohren hauen. Denn wir alle sind doch gut, oder? Selbst bei Totalverlust unserer gewohnten Lebenssäfte…