Kategorie: Feuillton

Kultur, Musik, Film, Literatur, Zeitgeist

documenta 12: Die Kanisterwelt des Romuald Hazoumé

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maske1.pngDer Aue-Pavillon bietet Platz für Kunst, die anderswo auf der documenta einfach den Raum sprengt. Romuald Hazoumé ist so einer: Sein Traumboot „Dream“ (oben) steht so unübersehbar wie unmissverständlich im Raum. Natürlich ist der Traum vieler Afrikaner gemeint, die in kleinen Nussschalen die Meere zu überwinden versuchen, um ins gelobte Land Europa zu gelangen. Viele lassen ihr Leben. Aber selbst diejenigen, die mit knapper Not einer Katastrophe entronnen sind, würden es wieder probieren. Das Boot besteht aus 421 Kanistern. Romuald Hazoumé kommt aus Benin in Westafrika. Dort ist der Kanister Gebrauchsgegenstand, aber auch Statussymbol. Er kennzeichnet den Menschen, verrät seine Schichten- oder Religionszugehörigkeit. Deshalb dreht sich Hazoumés Kunst stets um den Plastikbehälter, den er sogar zu überraschend ausdrucksstarken Gesichtern verarbeitet.

documenta 12 – Inigo Manglano-Ovalle: The Radio

Das Tageslicht fällt durch eine große, rot getönte Fensterscheiben in den Raum. Darin steht nur die Attrappe eines Kofferradios. Im Hintergrund Rauschen wie es zwischen den Stationen auf der Sendeskala herrscht. Wer den Raum betritt, den Inigo Manglano-Ovalle für sein Werk „The Radio“ verwendet hat, kämpft mit der Übelkeit. So sehr widerspricht der rote Raum den gewohnten Wahrnehmungsgewohnheiten.

documenta 12: Abdoulayé Konaté

Moderne Kunst versteckt sich heute gern in Rätseln. Die documenta 12 zeigt, dass es auch anders geht. Sie ist eine oft plakative, politische documenta. Plakativ wie „Gris-gris pour Israeli et la palestine“ von Abdoulayé Konaté aus Mali. Eine israelische Flagge und ein Palästinensertuch stehen einander gegenüber. Die Israeli sehen sich im oberen Tuch einer Überzahl von Palästinensertüchern gegenüber. Die Palästinenser sehen sich bedroht durch Davidsterne. Die aufgenähten Stoffwürste heißen „gris-gris“ und gelten in Mali als Glücksbringer.

documenta 12 – Peter Friedl: The Zoo Story

Peter Friedl: The Zoo Story. Das ist Brownie, die letzte Giraffe im einzigen Zoo im Westjordanland. Als die Israelis die Stadt stürmten, rannte Brownie mit dem Kopf gegen eine Eisenstange, fiel um und verendete. Ein Tierarzt hat die toten Tiere eingesammelt und amateurhaft ausgestopft. Peter Friedl hat Brownie als ungewöhnlichen Zeugen des Tötens im Nahen Osten auf die documenta 12 gebracht.

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